4 von 5
JAW-Records
Top 50 Rezensent
30. Juni 2020
Gesamteindruck:
4,0 von 5
Künstlerische Qualität:
5,0 von 5
Repertoirewert:
4,0 von 5
Hätte editorisch und auch teilweise im Remastering deutlich besser ausfallen können ...
Auch von mir – wie üblich, wer meine Rezensionen kennt ;-) – wenig (hier eigentlich NICHTS) zu den Aufnahmen, aber viel zu CD-Ausgabe:
Vorneweg: Die 2-Sterne-Rezension von M.Mahlke finde ich in der Wahrnehmung und den Kritikpunkten her durchaus richtig, wenn vielleicht auch etwas übertrieben in der Bewertung.
Ja - das Klangbild ist tendenziell (ausgenommen die späten Stereoaufnahmen) etwas scharf, manchmal sogar aggressiv. Aber der Ausgleich durch die bisher fast nie dagewesene Detailabbildung ist dafür beachtlich. Man vergleiche diesbezüglich z.B. die non-hybriden hochwertigen SACDs aus Japan mit Mahler und Sibelius. Wer das runde und sehr natürlich räumliche - manchmal aber auch etwas verhangene - Klangbild mag, ist bei den SACDs bestens aufgehoben. Wer das Analytische mag, wird sich auch an der Warner Neuausgabe erfreuen. Klar geht letzteres oft zu Lasten eines etwas flachen und "weißen" Klangbilds.
Einige Aufnahmen sind - wie die schon erwähnte Mahler 1te - den bisherigen Ausgaben weit überlegen, so z.B. Bax 3te, Vaughan-Williams 8te, Griegs Sinfonische Tänze oder Schönbergs Pelleas.
Den meisten Einspielungen beläuft sich der klangliche Unterschied m.E. tatsächlich im rein subjektiven Bereich des "Geschmacks". Ich für meinen Teil habe tatsächlich alle Doubletten außer dem (in der Neuauflage wirklich extrem scharf klingenden) Elgar Cellokonzert mit Navarra und natürlich allen CASDs (Brahms, Bruckner und Mahler) nun weggetan. ich hatte etwa knapp die Hälfte der in der Gesamtausgabe vorgelegten Aufnahmen.
Wie M.Mahlke bin auch ich oftmals mit den CDs, die das Remastering-Studio "Art&Son" durchlaufen haben, alles andere als glücklich. Die Schnabel-Veröffentlichungen (Beethoven und Schubert Sonaten) sind eine einzige Katastrophe und den Klavierklang völlig verfälschend, die Cantelli-VÖ letzthin ist deutlich besser. Ob das nun an diesem Studio selbst liegt oder an einer möglichen letztlichen Endbearbeitung für CD durch Warner weiß ich natürlich nicht …
Die Gestaltung der Box selbst würde ich als „mittel-wertig“ bezeichnen – und somit für mich etwas enttäuschend, da eine Gesamtausgabe Barbirollis EMI-Aufnahmen doch ein Ereignis ist
Nach wie vor bei jeder VÖ von EMI Aufnahmen durch WARNER ist völlig AFFIG:
Warum darf nirgends der Name EMI oder HMV auftauchen? Gibt es da eine rechtliche Klausel??? Besonders ärgerlich ist das bei der Original-Cover Gestaltung. Gut – ich habe mich an das kleine schlichte Warner-Logo gewöhnt, aber auf originale EMI bzw. HMV Aufnahmen gehört schon aus historischen Gründen auch unbedingt das EMI und HMV Logo! Das Weglassen der Logos empfinde ich als eine Missachtung der epochalen Leistungen der Firma, der Produzenten und der Tontechniker!
Warum keine die CD-Hüllen füllende Abbildung des originalen LP-Covers? Natürlich gibt es bei den meisten CDs noch eine weitere Seite einer anderen LP, aber diese hätte man auch auf der Rückseite unterbringen können, aber der sowieso nicht viel Text steht (nach wie vor kein Repro der LP-Rückseiten wie bei den Sony-Ausgaben!). Die Cover-Hüllen selbst sind sehr dünn, aber OK. Die Druckqualität ist sehr gut (besser als oft bei vergleichbaren VÖs- durch Sony).
Das BOOKLET ist klar und übersichtlich, aber doch sehr sparsam geraten. Ein netter kleiner Artikel über Barbirolli, ein paar Fotos, eine Auflistung nach Komponisten und wo die Aufnahmen zu finden sind (bei Mehrfachaufnahmen aber OHNE Jahresangaben!) – das war es!
KEINE einzelnen Seiten zu jeder CD (wie bei Sony), keinerlei Hintergrund zu einzelnen Aufnahmen – geschweige denn Verwendung von originalen LP-Texten oder neueren CD-Textheften.
Man erfährt NICHTS über die einzelnen Aufnahmen – z.B. auch KEIN Wort über die „Rückvertauschung“ der Binnensätze der Mahler 6ten – dazu als Info folgendes:
Die Satzreihenfolge der Sätze 2 und 3 (Binnensätze) in Mahlers 6ter ist nach wie vor umstritten. Barbirollis Wunsch war die die Reihenfolge ANDANTE und DANN das SCHERZO. HMV hat die LP-VÖ nach der revidierten (und heiß umstrittenen) kritischen Gesamtausgabe von 1963 gerichtet, also zuerst das Scherzo und dann das Andante. Schön, dass hier wie auch in der letzten europäischen Ausgaben (entgegen der japanischen SACD!) Barbirollis Wunsch entsprochen wurde!
Und ja: auch das nach wie vor Fehlen von bedruckten und gut lesbaren CD-Rücken (wie seit Jahren vorbildlich von Sony praktiziert) ist beim Suchen von Aufnahmen ärgerlich. Ohne Booklet bzw. gutem optischen Gedächtnis findet man kaum etwas.
Also muss man leider sagen, dass es
Die Fertigung selbst ist völlig OK.
Von mir angesichts der EMI/HMV-Gesamtedition (inclusive PYE-Aufnahmen) und der sehr guten (zumindest ein paar) bis guten (sehr viele) und unterdurchschnittlichen (leider auch ein paar) Transfers vier Sterne für Warners Produkt.