2 von 5
griba
09. Dezember 2016
Gesamteindruck:
2,0 von 5
Künstlerische Qualität:
2,0 von 5
Repertoirewert:
1,0 von 5
Zu wenig!
Zu wenig!
Nachdem mich Butts Einspielungen der Johannespassion und des Magnificats ärgerlich und ratlos zurückließen, habe ich mir das Weihnachtsoratorium vor einem evt. Kauf ersteinmal durch andere Quelle ausgiebig angehört, ich werde es nicht kaufen.
Warum?
Zwar hat sich einiges gegenüber der Johannespassion/dem Magnificat verbessert aber es reicht nicht.
Diesesmal hat man auf eine Rekonstruktion eines gottesdienstlichen Rahmens verzichtet, mutmaßlich aber schlicht deswegen weil man (konsequenterweise) sechs Gottesdienste zu je 3 Std. Länge hätte rekonstruieren müssen.
Man bietet wieder extra Downloads von Stücken an, zu welchem Zweck? Um einem ein wenig zu zeigen was in einem Gottesdienst noch so gespielt hatte werden können?
Ein klarer negativer Punkt ist das man auf eine mehrkanalige SACD-Aufnahme verzichtet hat, dies mag den nur CD-Hörer nicht stören, mich aber als Freunde der Mehrkanalwiedergabe schon, die Echo-Arie hätte davon am meisten profitieren können, insgesamt ist der räumliche Klang der Aufnahme wenig befriedigend.
Wie in den letzten Aufnahmen fällt die Altistin mit ihrem extrem starken Lispeln auf. Dieses ist nun fast verschwunden, aber mit dem Preis, das die Tontechnik alle Lispelaute soweit herausgefiltert hat, das an diesen Stellen quasi akustische Löcher entstehen. Die anderen SängerInen habe nun Zisch-Laute die gerade noch wahrgenommen werden könne, die Textverständlichkeit leidet darunter sehr. Dies kann auch keine Lösung sein, warum schaffen es die Tontechniker anderer Labels dieses Problem zu lösen? Schade den die Stimme der Altistin ist an sich sehr gut. Der Evangelist singt diesmal weniger opernhaft, aber es wirkt auch langweiliger, er hat eine deutliche baritonale Verfärbung, zuviel Vibrato. Sopran und Baß machen ihre Aufgabe gut - sehr gut.
Auffallend ist auch, das alle Stimmen merkwürdig dick klingen, Endlautungen, Stollen- bzw. Satzendungen und Fermaten wirken oft wie aufgebläht (immer wieder dachte ich an einen Kugelfisch der sich aufbläht.) Das Gleichgewicht von Instrumentalisten und Vokalisten ist zu Ungunsten der Instrumente verschoben, in den Rezitativen hat man den Eindruck, das der Basso continuo nur eine Beiläufigkeit ist, soweit ist er akustisch in den Hintergrund gedrängt. Die Vokalisten sind wieder extrem in den Vordergrund gezogen. Die Choräle sind alle sehr nivelliert wiedergegeben, so das die inhaltlichen und musikalischen Unterschiede kaum auffallen, auch singen hier die Sänger alle als Solisten, aber nicht als Chor/Ensemble und immer wieder drängt sich so eine Stimme unangenehm in den Vordergrund. Dies fällt auch in den freien Chorstücken auf. Bei der Kantate IV klingen die Hörner merkwürdig trompetenartig, man hat fast den Eindruck das man eine Trompete mitspielen lies ? Wie in den letzten Aufnahmen spielen alle Vokalisten und Instrumentalisten eigentlich auf technisch höchstem Niveau, eine Interpretation im eigentlichen Sinne vermag ich nicht auszumachen, Butt scheint es einfach eingespielt zu haben um seinen Aufnahmebestand an Bachwerken zu ergänzen, eine klare Aussage findet sich nicht.
Diese Aufnahme mag den einen oder anderen Hörer zufriedenstellen, aber der kundige Repertoirekenner wird sie vielleicht ein oder zweimal hören, dann im Regal stehen lassen, es gibt deutlich besserer Aufnahmen im Riesenangebot der Einspielungen des Weihnachtsoratoriums, man denke nur an Veldhoeven, Suzuki, Gardiner, Herreweghe ... darunter durchaus auch Ältere, vor Jahrzehnten entstandene und auch aus dem nicht historisierenden Bereich, man höre sich nur um.
Warum es soviele gute Rezenssionen (vor allem aus dem nichtdeutschsprachigem Raum) zu Butts Aufnahmen gibt,
wird mir immer rästelhafter. Im Laufe der Zeit werden sie wahrscheinlich eher im Nirvana des Vergessens verschwinden.