4 von 5
Amenophis
23. Juli 2012
Gesamteindruck:
4,0 von 5
Künstlerische Qualität:
3,0 von 5
Repertoirewert:
5,0 von 5
Edelsteine und Halbedelsteine im Pappkarton
Bei der hier als "The British Symphonic Collection" formierenden Box handelt es sich um eine Auswahl von 10 CDs aus einer gleichnamigen, etwas umfangreicheren Serie, die zuvor als Einzel-CDs beim Label Classico erschienen sind. Leider wurden die umfangreichen Booklets der Einzel-CDs nicht übernommen; vielmehr gibt es überhaupt kein Booklet, was beim Preis der Box aber auch nicht sonderlich verwunderlich ist; da muss man eben selbst ein wenig recherchieren, wenn man neugierig geworden ist. Alle Aufnahmen sind unter Leitung von Douglas Bostock entstanden, mit den Münchner Symphonikern, mit dem Royal Liverpool Philharmonic Orchestra, mit dem Symphonie-Orchester Aarhus und mit dem Royal Northern College of Music Symphony Orchestra. Die Interpretationen sind durchweg nicht gerade überragend, aber immerhin solide.
Was das 10er-CD-Set trotz dieser Einschränkungen dennoch hochgradig interessant macht, ist der überragende Repertoirewert einiger CDs im Set: äusserst interessante Musik, zu der es keine – vielleicht interpretatorisch überzeugendere – Konkurrenzeinspielung gibt. Dies gilt insbesondere für die CD mit den Orchesterkonzerten von Edward Gregson, Alun Hoddinott und John McCabe, für die mit der 1. Symphonie von Arthur Butterworth (nicht zu verwechseln mit George Butterworth) und der 2. Symphonie von Ruth Gipps, wie auch für die mit der 1. und der 2. Symphonie von Alan Bush. Jede einzelne dieser CDs würde, bei diesem Paketpreis, alleine schon die Anschaffung der gesamten Box rechtfertigen. Auch die CD mit der 6. Symphonie von Frederic Cowen und der a-Moll-Symphonie von Samuel Coleridge-Taylor streicht die Alleinstellungsmerkmale der Box heraus. Darüber hinaus findet sich ein zwar nicht repräsentativer, aber immerhin anregender Überblick über die britische Orchestermusik von Elgar bis Malcolm Arnold. Fast bei jeder CD ist mindestens ein Stück dabei, für das es keine Konkurrenzeinspielung gibt. Und bei den Stücken, bei denen dies nicht so ist, macht die Box vielleicht immerhin Appetit auf überzeugendere Interpretationen und vor allem auf eine umfassendere Beschäftigung mit den hier vertretenen Komponisten.
So könnte etwa die im Set enthaltene CD mit der 6. Symphonie von Arnold Bax und seiner symphonischen Dichtung "Tintagel" immerhin dazu dienen, den Stellenwert von Bax als Symphoniker, der sich durchaus etwa auf gleicher Höhe mit Mahler, Sibelius, Vaughan Williams, Lyatoshinsky oder Schostakowitsch befindet, zu exemplifizieren, und den neugierig gewordenen Hörer direkt zu den höchst gelungenen Gesamtzyklen seiner sieben Symphonien unter Vernon Handley (2003) oder Bryden Thomson (1990; beide bei Chandos) führen. (Übrigens: Wieso gibt es immer noch keine Wiederveröffentlichung bzw. CD-Erstveröffentlichung der 1969 auf LP erschienenen RCA-Aufnahme von Bax' 3. Symphonie mit dem London Symphony Orchestra unter Edward Downes?)