5 von 5
Karsten Erdmann
27. März 2013
Gesamteindruck:
5,0 von 5
Künstlerische Qualität:
5,0 von 5
Repertoirewert:
3,0 von 5
Fülle des Wohllauts
Es gibt berühmte Aufnahmen der Beethoven-Violinsonaten: Grumiaux/Haskil, Oistrach/Oborin etwa, es gibt den Faust-Melnikov-Zyklus...Und nun hat sich Kristof Barati gemeinsam mit Klara Würtz dieser Stücke angenommen. Nach seinen Bach-Sonaten und -Partiten durfte man gespannt sein. Und: man wird nicht enttäuscht, ganz im Gegenteil. Entstanden ist ein großer Hörgenuß. Gleich weit entfernt von schmalziger Gefühligkeit (gibt es ohnehin wohl nicht mehr) wie von dürrem, pseudo-historisierendem "Entschlacken" (wie die dumme Phrase immer wieder heißt) entfalten die Sonaten in dieser Interpretation ihre musikalische Substanz ungehindert. Und wie! Kein bemühtes Konzept wird ihnen aufgedrückt - immer hat man den Eindruck: Es sind die Stücke selbst, die hier sprechen. Wenn man etwa die frühe Sonate op.12 Nr.3 hört, fragt man sich: Warum ist dieses herrliche Werk derart unbekannt? Nahezu unglaublich, wie brillant und zugleich melodisch intensiv der erste Satz daherkommt, wie natürlich alle Sforzati klingen. Dann ein langsamer Satz, der den Vergleich mit den großen langsamen Sätzen der frühen Klaviersonaten nicht zu scheuen braucht; und ein Schlußsatz, dessen Temperament "gerade so" in Noten zu domestizieren war und scheinbar immer wieder aus ihnen ausbrechen will.
Ähnlich differenziert ein bekanntes Stück wie die "Frühlingssonate". Es klingt wohl am Anfang ganz nach "Frühling", es fließt und blüht nur so- aber dann baut sich eine Spannung auf, die sich in Akkordrepetionen entlädt, die schon an den ersten Satz der Waldsteinsonate anklingen und verstehen lassen, warum diese Sonate wirklich mit ihrem Nachbarwerk, der schroffen (und großartigen) Sonate op. 23, zusammengehört.
Ein Zyklus, an dem vieles zu entdecken ist. Und das ganze für nicht einmal 14 €!
Man wünscht sich, diesen Werken auch öfter einmal im Konzert zu begegnen - am besten in Interpretationen wie dieser.
Karsten Erdmann