4 von 5
gemi:re
Top 25 Rezensent
24. April 2019
Gesamteindruck:
4,0 von 5
Künstlerische Qualität:
4,0 von 5
Repertoirewert:
2,0 von 5
Karajans 77er Beethoven
Von etwa Mitte der 1960er bis Mitte der 70er Jahre waren alle sinfonischen (wie Tchaikovsky 4-6) und gross-orchestralen Projekte (Strauss) mit Karajan und den Berliner Philharmonikern eingespielt, selbst die 'Neue Wiener Schule' (Berg-Schoenberg-Webern) war auf musikalischem Hochglanzniveau im DG-Vermarktungsdepot.
Das Gelbetikett feierte und honorierte seinen weltbrühmten exklusiv-Star und seine Salzburger-Festspiele incl. der Wagner-Ring-Kooperation mit einem neuen, seinem dritten Beethoven-Zyklus(incl. der ersten EMI-Philharmonia-Produktion unter der versierten Betreuung von Walter Legge) Diese 2te DG-HvK-Beethoven Totale kam diesmal als quasi audiophiles sinfonisches blow-up aus der Philharmonie und zudem als Konkurrenz-Produkt zum ersten Solti-Beethoven aus Chicago.
Ich erinnere noch die zur Berliner Funkausstellung von der englischen Edel-Audio-Firma 'Quad' zelebrierte Präsentation der neuen DG-Karajan-Einspielung in der Philharmonie, das auf dem Konzertpodium staffierte Equipment vom Allerfeinsten:
Karajans Beethoven performed als high-tech-PR, eindrucksvoll.
Dieses Non-Plus-Ultra und einige seiner künstlerisch besten Einspielungen waren wenige Jahre später audio-akustisches Gaslicht für den Maestro, weil der befreundete Sony-Chef die digitale Revolution qua CD als 'state of the art' mit ihm präsentierte ...
As time goes by ... bleiben wir bei dieser gar nicht so nach Gaslicht klingenden 1977er DG-Aufnahme, überarbeitet (wie hausintern üblich) in den DG-eigenen Emil-Berliner Studios bei Hannover.
Es ist die akustisch wohl eindrucksvollste Bearbeitung aller HvK-Beethoven-Aufnahmen, opulent, pointiert im Detail und dynamisch voll ausgereizt, und lässt kaum süffige Klang-Bedürfnisse kalt - musikalisch schon eher. Moderato - con forza Extreme unter legato-seeligem Fluss, bei z.T. strom-linienförmiger Formlosigkeit, auf Wohlklang-Überwältigung produziert - ein HvK-Beethoven-Sfumato mit dezenter bis brutaler Konturierung höchster Klang-Konsum-Kategorie. Als ein vergl. Beispiel zwei Sätze hintereinander der weniger gespielten 8ten Sinfonie: dem 3.S., ein verschmiertes Tempo, kein di menuetto, folgt 4., ein Pauken-presto, kein Allegro viv. ff ... und durchweg immer noch keine dacapo-Beachtungen!
Und dieser durchaus druckvoll erarbeiteten Beethoven-Darstellung folgte dann die einem Hitech-Dogma und einer bereits physischen wie mentalen Hinfälligkeit geschuldete zu späte, digitale, 4te Re-produktion in den 80ern als sinfonischer Abglanz einer ständig optimal klangmanipulierenden Eitelkeit.
Nun also, diese 77er akustisch-elaborierte Darbietung auch für Audio-Gourmets oder die eher Toscanini-avine, frische der frühen 60er, akustisch etwas bescheidener, sind beide echt HvK zu seinen besseren Zeiten, it's up to You !