5 von 5
Tschabrendeki
30. November 2013
Gesamteindruck:
5,0 von 5
Künstlerische Qualität:
5,0 von 5
Repertoirewert:
5,0 von 5
Referenzaufnahme mit Biss
Dass Letzbor und Co. mit ihrer Einspielung des Biberschen Fidiciniums eine Referenzeinspielung vorlegen werde, war mir eigentlich vornherein klar: hier hört man zum ersten mal eine Altbratsche, statt eine zweite Violine in den letzten sechs (vierstimmigen) Sonaten, und wird (wie bei AAA seit Jahren üblich) die österreichische Violone (keine Bassgeige, sondern eine Art Bassgambe) bespielt.
Die ist auch die erste Aufnahme, wo keine Wiederholungen zu hören sind - Biber hat nämlich keine vorgesehen, das oft welche gespielt werden rührt von einer Fehldeutung des Originaldruckes. Natürlich war es damals durchaus üblich, Sätze nach Belieben - sogar mehrmals - zu wiederholen; eine strickte Wiederholung jedes Abschnittes, wie das bei den meisten Einspielungen zu hören ist, verstellt aber etwas den Weg zur Struktur mancher Sonaten. So, ohne Wiederholungen, wirken die Sonaten viel direkter, zielstrebiger und strukturierter - und man entwickelt auch viel mehr Gefühl für den Biberschen stylus phantasticus, für den ständigen Wechsel zwischen neuen Einfällen.
Dieser Aspekt wird von Ars Antiqua Austria mit großer spielfreude ausgekostet, und eine große Bandbreite von Affekten gezeigt: zarte Stellen wechseln mit den wildesten Ausbrüchen, gelehrter Polyphonie mit tänzerischen Rythmen, Volksmusikantisches mit Aristokratischem ab. Dabei sucht Gunar Letzbor - wie auch bei seinen anderen Biber-Einspielungen - gerne auch die Extreme. Aber seien wir mal ehrlich: wer die bei Biber nicht findet, ist selber schuld.
Der Klang des Ensembles ist wunderbar: erdig und doch mit Brillanz und Beweglichkeit. Einzig finde ich die Aufnahme doch etwas hallig, aber das ist schon meckern auf hohem Niveu: ich wünschte eben noch eine etwas größere Transparenz: die Mittelstimmen finde ich teilweise etwas verdeckt.
Eins ist sicher: die Aufnahme der Ars Antiqua Austria ist ein wichtiger Schritt in der interpretationsgeschickte dieser wunderbaren Sonaten.