Armen Avanessian: Avanessian, A: Überschrift
Avanessian, A: Überschrift
Buch
- Ethik des Wissens Poetik der Existenz
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- Merve Verlag GmbH, 11/2014
- Einband: Flexibler Einband, ,
- ISBN-13: 9783883963655
- Umfang: 264 Seiten
- Copyright-Jahr: 2014
- Gewicht: 222 g
- Maße: 170 x 121 mm
- Stärke: 20 mm
- Erscheinungstermin: 15.5.2018
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EPILOG: POETISCHE EXISTENZ
Klappentext
Was macht heute eigentlich die Studierenden aus? Und ein Studium aus ihnen? Alma Mater Academia: Nurmehr ein Blinder Fettfleck des Denkens, eine Seniorenresidenz der Kritik?Was macht heute eigentlich die Kunstbetriebler aus? Und die Kunstbetriebshuberei aus ihnen? Contemporäry Kunstworld: Nurmehr ein Watteweitwurfwettbewerb, eine rostige Junggesellenmaschine, die den Kapitalstrich auf- und abfährt?
Und was macht heute eigentlich all das aus dem, der darüber schreibt?
'Überschrift' betreibt eine sectio accelerata des systematischen Verschnitts aus Kunstbetrieb und universitärem Diskurs, aus ästhetischer Kritik und kritischer Ästhetik, kurzum: eine Obduktion der politischen Theorie und Ästhetik.
Darüberhinaus eine Autopsie des Schreibens über all dies und des Überschreibens darin:
Weiter zu einer Politisierung des akademischen Denkens und seiner Settings, einer Politisierung künstlerischen Arbeitens und seiner Rahmen. Zu einer anderen Ethik des Wissens und einer anderen Poetik der Existenz.
Auszüge aus dem Buch
Wichtig ist nicht, zu wissen, ob der Mensch ursprünglich gut oder böse ist, wichtig ist, zu wissen, was das Buch ergeben wird, wenn es ganz und gar gegessen sein wird.Jacques Lacan
Alleine am Schreibtisch sitzend, in einem von der Außenwelt möglichst abgeschirmten Raum, ungestört, konzentriert und geschützt vor den Ablenkungen des alltäglichen Lebens, so ungefähr sieht ein gerne tradiertes Ideal schriftstellerischer Tätigkeit aus. In Wirklichkeit sind wir alle eher ständig unterwegs (auf Forschungsreise, im Urlaub, zu einer Gastprofessur oder auf dem Weg in ein früheres Zuhause wie ich jetzt gerade, schon am Stadtrand von Berlin). Und in dieser unserer Realität arbeiten und schreiben wir in jeder möglichen Situation, machen Notizen, exzerpieren, korrigieren, beenden noch schnell einen Vortrag, oder wie in diesem Moment im Zug beginnen mit einer Einleitung für ein Buchmanuskript, das in den nächsten drei Wochen in Wien aus einem Haufen von Kapiteln entstehen soll, das ich ein paar Freunden zu lesen geben will.
Jeder Ort kann zu einer Schreibszene werden, die ganze Welt ist dem Schreibenden ein möglicher Hintergrund, der in den Vordergrund rückt oder in den Text selbst eintritt; dann fließt alles in das Geschriebene ein, ohne notwendig im Text aufzutauchen. Diese zwei Pole halten alles Schreiben wenn auch nicht immer die Schreibenden in Spannung: beim Schreiben auf sich selber zurückgeworfen, aber dadurch zugleich möglichst weit entfernt von sich, von seinem Ich, zu sein. Denn wenn ich schreibe, tausche ich mich potenziell mit allen anderen aus, habe allen etwas zu sagen. Und treibt nicht jede Isolation die seltsame Blüte der Megalomanie hervor, nicht nur zu den anderen über möglichst alles zu sprechen, sondern auch gleich alles zu verändern wer wollte nicht irgendwann einmal mit seinem Schreiben die Welt oder seine Umgebung verändern?
Nicht anders als literarisches Schreiben zielt auch Philosophie auf Konversion oder den Eintritt in eine andere Welt, wobei wir den Wirklichkeitsgehalt von Veränderung etwa daran messen können, ob die (uns bis dahin bekannte) Vergangenheit unverständlich und dabei zu einer anderen wird. Ich entwerfe mich in die Zukunft, blicke zurück in die Vergangenheit, in meine Gegenwart, die mir kontingent geworden ist. Dieses Buch wird wieder ein anderes, und ich möchte mit diesem Buch wieder ein anderer werden. Dass alles auch ganz anders hätte wer den können, diese spekulative Erfahrung ist ganz materialistisch zu verstehen, geradezu das Gegenteil jener idealistischen Idee, das Denken könne die Welt aus sich heraus verändern oder sie vollständig begreifen.
Wir alle sind Zeitgenossen unterschiedlicher Gegenwarten. Ein zeitgenössisches Buch zu schreiben, unsere contemporaneity zu verstehen, dass es auch meine andere oder andere Gegenwarten gibt, zwingt zu einem genealogischen Blick zurück. Nicht um die eine andere, richtige Vergangenheit zu finden (dann hätte ich ein akademischeres Buch schreiben müssen, in dem sich meine Beobachtungen und Erregung leicht in einer Überfülle an Quellen und Forschungspositionen verloren hätten), sondern um etwas von der Kontingenz einer im heutigen Berlin wirklich gewordenen Vergangenheit ans Licht zu bringen. Und auch wenn ich mich in diesem Buch nicht an den unter Historikern üblichen methodischen Ägyptizismus von der Genealogie spricht Foucault dagegen als Karneval großen Stils halte, sind meine Ausflüge in die Genealogie der (heute noch gültigen) wissenschaftlichen Moral ebensowenig Ausdruck eines unverantwortlichen Relativismus wie mein (wissens)ethisches Experiment, in einer anderen Gegenwart zu leben. Schon beim Schreiben dieses Buches habe ich begonnen, in einer anderen Gegenwart zu leben, mich in eine andere Gegenwart einzuleben und eine andere Zukunft für mich lebbar zu machen. Ethik als Frage nach dem richtigen Leben. Weniger Angst haben: sich von der Kontingenz der Zukunft nicht erpressbar machen, sondern von ihr
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