Hallgrímur Helgason: Helgason, H: 101 Reykjavik
Helgason, H: 101 Reykjavik
Buch
- Roman. Ausgezeichnet mit dem Nordic Council Prize 1998
- Originaltitel: 101 Reykjavík
- Übersetzung: Karl-Ludwig Wetzig
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- Klett-Cotta Verlag, 03/2013
- Einband: Fester Einband, ,
- ISBN-13: 9783608980073
- Umfang: 440 Seiten
- Auflage: 3. Aufl.
- Copyright-Jahr: 2013
- Gewicht: 487 g
- Maße: 211 x 134 mm
- Stärke: 32 mm
- Erscheinungstermin: 4.3.2013
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Klappentext
Er hat zwar alle möglichen Freundinnen, doch scheint sein Interesse eher theoretischer Natur: er führt Listen, in denen er penibel den Marktwert seiner Freundinnen und anderer Frauen einträgt. Nur mit Lolla ist es anders. Sie ist Drogenberaterin und in seine Mutter verliebt, was sie dennoch nicht hindert, sich von ihm verführen zu lassen. Der one-night stand hat dummerweise Folgen ... Hlynur, der sich verbissen weigert, seine gemütliche kleine Welt zu verlassen, dämmert es allmählich, daß das Leben ganz und gar nicht so läuft, wie er es sich gedacht hat.Hallgrímur Helgason erzählt mit einem trockenen, bissigen Humor von einer hippen Jugendszene, die genausogut in London, Paris oder Berlin sein könnte.
Auszüge aus dem Buch
PersonenLolla, Suchtberaterin
Hlynur Björn, Sohn von Berglind
Páll Níelsson, Zahnarzt
Þröstur, Freund von Hlynur
Ellert, Páls Sohn
Rósi
Gulli, Schwule
ein Pfarrer
Marri,
Reynir, Barbesucher
Tímur
Sigurlaug, Páls Ehefrau
Katarína, ungarische Prinzessin
Berglind, Hlynurs Mutter
Hólmfriður, Páls Tochter
Hafsteinn, Hlynurs Vater
Familienmitglieder, Taxifahrer, Organkuriere, Barkeeper, Typen, Clique, Mädel, Nutten, Verkäuferinnen, Nachrichtenleute usw.
Das Stück spielt überwiegend im Einzugsbereich der Postleitzahl 101, dem Innenstadtbereich der Hauptstadt Reykjavík
Immerhin. Ich versuche wenigstens aufzuwachen, ehe es dunkel wird. Um ein bißchen Helligkeit in den Tag zu bekommen, mich einzuchecken, einen Stempel zu kriegen. Die Sonne ist eine Stempeluhr. Ohne daß man einen Job hat, weder bei ihr noch sonstwo. He, Sonnensystem, Sozialversicherungssystem.
Es ist immer gleich schwer, aufzuwachen. Als ob man seit 400 Jahren in der Kiste läge und sich erst durch sechs Fuß Erde buddeln müsse. Jeden Morgen. Helligkeit fällt durch die Gardinen. Plötzlich kommen mir die Ziffern auf dem Radiowecker wie Jahreszahlen vor: 1601. Ich erwache viel zu früh, werde doch erst in gut 400 Jahren geboren. Naja. Ich greife nach der Colaflasche und nehme einen Schluck: Ein Gutermorgenkuß mit Mundgeruch. Man soll nie ein Mädel am Morgen danach küssen, schmeckt schal und abgestanden, als wäre sie am verwesen, tot. Meist ist sie auch hinüber. Man sollte nie beischlafen. Schlaf ist Tod. Und jeden Morgen Auferstehung. Auferstehung des Fleisches. Mein kleiner Johnny steht jedesmal als erster. Ich fühle die Fernbedienung an meinen Füßen, kann sie aber noch immer nicht mit den Zehen bedienen.
Kanal 52: Interview mit einem deutschen Kneipenbesitzer. Er zapft drei Glas Bier. Ich will auch eins. Trinke noch mal von der Cola. Kanal 53: Englische Gartenpflege. Kanal 54: Ein Studio in Madrid. Kanal 36: Indische Sängerin (20.000). Kanal 37: Wettervorhersage für Südostasien. Sieht nach einem schönen Wochenende in Burma aus.
Ich zappe mich durch die ganze Skala. Keine Pussy. Warum gibt es morgens keine Pornos? Haben die noch nie was von einer Morgenlatte gehört? Dann würde man vielleicht aufwachen. The Morning Porn Show. Meiner steht immer als erster auf. Vielleicht ist das mit Bedacht so eingerichtet. Es ist leichter, den Rest auf die Beine zu kriegen, wenn er schon mal steht. Der kleine Steher. Gebaut wie ein einäugiger, halsloser Bodybuilder. Mit Kopf, aber ohne Hirn; vielleicht hat er es abgegeben, spuckt ja ständig hellgraue Zellen aus. Ich stehe nie auf, wenn er nicht vorher aufgestanden ist. Ich packe ihn am Kragen und schüttele ihn; erst auf dem Klo gibt er auf. Ich murkse an ihm herum und halte die Hand vor. Warum lesen Wahrsagerinnen lieber aus trockenem Kaffeesatz als aus der nassen Handfläche? Da liegt mein Leben schäumend in der eigenen Hand. Rinnt die Straße der Lebenslinie hinab.
Eine Zigarette. Der Tag ist wie eine weiße Zigarette, und die Sonne die Glut, die sich durch Rauchwolken an ihr entlangfrißt und in einem abendgelben Filter verlischt. Sonne und Kippe, beide gleich krebserregend. Es wird schon wieder dunkel. Brauche also erst gar nicht die Gardinen aufzuziehen. Ich binde meine Armbanduhr um, kette mich an die Zeit, die Erdrotation, die Sonne und das ganze System, 16: 16, und ich gehe in die Küche. Cheerios. Schon auf dem Teller. Was ist los? Soll ich auf einmal bemuttert werden? Das ist zu viel. Sie hat zu viel auf den Teller geschüttet. Die richtige Menge beträgt genau 365. Mit Milch nehme ich einen nach dem anderen ein. Das Radio. Das erste Lied gibt den Ton für den ganzen Tag an. Passion von Rod Stewart. Weiß nicht so recht.
Auge in Auge mit Woody Allen. Wann macht er endlich den Mund auf? Einmal muß es doch soweit sein. Dazu hat man schließlich Poster an der Wand. Ich starte den Mac. Macintosh sagt Guten Tag. Sie sollte jetzt nach Hause gekom
Biografie (Hallgrímur Helgason)
Hallgrímur Helgason, 1959 in Reykjavík geboren, studierte dort an der Hochschule für Kunst und Kunstgewerbe. Danach besuchte er ein Jahr die Kunstakademie in München. Seit 1982 arbeitet er als Autor und bildender Künstler in seiner Heimatstadt.Biografie (Karl-Ludwig Wetzig)
Karl-Ludwig Wetzig, geboren 1956, lehrte Skandinavistik an der Universität Göttingen und lebte sechs Jahre als Hochschullektor in Island. Seitdem arbeitet er als freier Autor und Übersetzer aus den nordischen Sprachen und ist seit Jahren ausgewiesener Kenner der isländische Literatur.Anmerkungen:
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