4 von 5
beatlesworldmusic
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Alter:
45 bis 54
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Geschlecht:
Männlich:
12. August 2011
Klassiker mit Einschränkungen
Obwohl das Album einige sehr schöne Klassiker, wie Get Back, I´ve Got A Feeling oder den Titelsong hervorgebracht hat, bleibt das Hörerlebnis getrübt. Phil Spectors endgültige Abmischung, die man getrost als Schund abtun kann, läßt die Beatles wie jede x-beliebige Band klingen - war doch vom ersten Album an gerade eine ihrer Stärken, dass sie so erfrischend und ganz anders klangen, als das, was man vom Markt der 60er kannte. Hier hingegen setzt Spector Akzente, die unverzeihlich sind, mit seinen orchestralen Klangteppichen á la Mantovani wirken The Long And Winding Road, I Me Mine und Across The Universe, das zudem auch noch um einen Halbton verlangsamt wurde, einfach entsetzlich. Zugute halten kann man ihm gerade noch, dass er Dig A Pony, Two Of Us, Get Back und I´ve Got A Feeling in ihrer ursprünglichen Fassung belassen hat, aber dafür braucht es wohl keinen Produzenten. Wenn man berücksichtigt, was die Beatles eigentlich beabsichtigt hatten mit dem Projekt Get Back, nämlich "zurück zu den Anfängen", ohne jegliche Overdubs, von Geigen und Chören ganz zu schweigen, dann führt das hier vorliegende Ergebnis diese Idee ad absurdum. Dass Spector keinerlei Gefühl für derartige Vorstellungen aufbringen konnte, zeigt auch die Zusammenstellung der Songs: Während Get Back die Beatles u.a. auch "Live im Studio" zeigen sollte und deshalb mit Song- und Gesprächsfetzen aufgefüllt wurde, macht Spector im Grunde ein Livealbum, aber auch nur halbherzig, indem er nur einige Songs vom Rooftopkonzert verwendet und die Gespräche weitestgehend heraus schneidet. So bleibt von der eigentlichen Idee so gut wie nichts mehr übrig.
Man kann sich die teilweise Akzeptanz der Beatles für diese Bearbeitung nur dadurch erklären, dass die Gruppe im Streit lag und im Grunde als Gruppe schon nicht mehr existierte.
Das Remastering hingegen ist gut ausgefallen, im Vergleich zur 1987er CD-Ausgabe klingt Let It Be nun erfrischend und druckvoll, die Gitarren klingen transparent und sind gut herauszuhören, die Stimmen sind klarer. Sieht man einmal von der Spectorschen Bearbeitung ab, dann haben die Beatles mit Let It Be sicher nicht ihr schwächstes Album abgeliefert. Wünschenswert wäre allerdings gewesen, die ursprüngliche Idee im Zuge des Remasterings endlich und im Gegensatz zum Let It Be...Naked-Projekt auch konsequent aufzugreifen: zumindest als Gegensatz zur hier vorliegenden Version hätte das Remaster der originalen Get Back LP die Herzen aller Fans höher schlagen lassen!
Keine 5 Sterne aufgrund der Arrangements Phil Spectors, aber 4 Sterne für die Qualität der Songs: Alles in allem haben die Beatles auch in den turbulenten Tagen im Januar 1969 noch großartige Songs abgeliefert. Was daraus hätte werden können, zeigt das anschließend aufgenommene, aber noch vor Let It Be erschienene Abbey Road Album.