3 von 5
Norbert Goritzka
25. Oktober 2019
Humorfreier Bombast
Den Jubelhymnen, die man in den letzten Wochen in einschlägigen Portalen und Foren über diese Neuerscheinung liest, kann ich mich nicht anschließen. Dafür ist zum Teil auch der in Halleffekten schwimmende Keller-Sound verantwortlich.
Eine erhabene Kathedrale von Klängen versucht den Zuhörer zu beeindrucken, wenn nicht zu erdrücken. Dem Werk haftet etwas Düsteres und Apokayptisches an, das an eine zornige übermenschliche Macht zu gemahnen scheint.
Die teilweise abenteuerlichen Akkordfolgen vermitteln - im Gegensatz z.B. zu Dream Theater - keine Energie und übermütige Spielfreude, sondern nur gespannte Unruhe. Ein Stück wie "Next Of Kin" strahlt eine geradezu bedrohliche, eisige Stimmung aus. Das ganze erinnert mich eher an einen Soundtrack zu einem Kriegsfilm. Und selbst gnadenlos schöne Harmonien wie "Lovelorn Crime" vermitteln mir nur eine Ahnung von der unerbittlichen Macht irgendeines unausweichlichen Schicksals. Anheimelnd ist das nicht.
In dem weitgehend humorfreien Krachwerk gibt es überhaupt nur einen augenzwinkernden Ausflug ins Entspannte: "The Garroter" ist ein nicht einzuordnendes Kabinettstückchen, in dem Flamenco-Gitarren, Cabaret-Klavier und besengespieltes Schlagzeug eine Jazz-Etüde aus einer Kellerkneipe abzuliefern scheinen.
Es gibt bei dem neuen Album zwar auch die lyrischen, ruhigen Momente und den eindrucksvollen Gesang von Mikael Akerfeldt, was schon immer die andere Seite von Opeth war. Allerdings durchkreuzen diese Passagen oft dermaßen unvermittelt den grimmigen Heavy-Bombast, dass sie wie Fremdkörper wirken.
Ich frage mich daher, ob man es bei "Cauda Venenum" mit den Kontrasten nicht ein wenig übertrieben hat und und die sprudelnden Ideen in diesem Wechselbad nicht griffiger hätte arrangieren können.
So oder so - gleichgültig lassen dürfte das Album einen großen Teil der Zuhörerschaft wohl nicht. Es wird vermutlich für einige Diskussion sorgen und ist deshalb schon empfehlenswert. Attribute wie "Meisterwerk", "neuer Zenit erreicht" oder "nicht mehr zu übertreffen" sind jedoch eine andere Hausnummer.