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bluenote
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20. November 2020
Maui Hype
Erfrischend ehrlich ist sie ja, die Überschrift: Music – yes; Money – sure, we're only in it for the profit and for the greed; Madness – absolutely.
Michael Jeffery brauchte Geld und so bekam er einen 400.000 Dollar Vorschuss für ein Filmprojekt, einschließlich zweier Konzerte an den Hängen des Haleakala Kraters auf Maui. Der Film selbst, RAINBOW BRIDGE (Rhino / Eagle Vision EREDV 133), war selbst für eingefleischte Fans nicht erträglich und verschwand in der Versenkung. Gedreht wurde um zwei etwa jeweils 50 minütige sets von Hendrix an dem besagten Kraterhang. Und, wie Mitch Mitchell (1947 – 2008) in seiner Autobiographie einräumt, begleitet von erheblichen technischen Problemen und einem sehr starken Wind, man spricht von Böen im Bereich von 60 – 70 m/ph. Und es kann verdammt kalt und windig dort sein, das weiß ich aus eigener Erfahrung.Von 16 Kanälen am Mischpult waren 8 unbrauchbar, das Schlagzeug kaum zu hören, kurz: das Ganze war vom Winde verweht. 1971 kommt es zum overdub in den Electric Lady Studios: Mitchell spielt im Studio die drum parts nachträglich ein.
Schon 1990 bringt dann The Swingin' Pig (TSP) die Konzerte als LAST AMERICAN CONCERT Vol 1 (TSB CD 062) und Vol. 2 TSP CD 072 mit eben diesen overdubs heraus. Neun Songs im ersten, sieben im zweiten set. Das gleiche Material wird dann in 2002, technisch überarbeitet, mit deutlich verbesserter Tonqualität von Purple Haze Records (HAZE 001) als THE RAINBOW BRIDGE CONCERTS (2CD) heraus gebracht. Gleiche setlists, 9 und 7 takes.
Musikalisch handelt es sich eher um ein mediokres, vor allem set 1, eher lustlos gespieltes Konzert, das seine besseren Momente im set 2 hat. Insgesamt aber nichts wirklich aufregendes, eher Routine im Rahmen einer PR Veranstaltung. Von 400 tapfer ausharrenden Zuschauern ist die Rede. Immerhin: Von Lahaina sind es gute 2 Autostunden bis dorthin. Nun, wenn man sich die wenigen erhaltenen Bild und Filmschnipsel ansieht, wird klar: auch vom Equipment wirklich nur das allernötigste.
In dieser neuen Edition nun, abgesehen von dem „Dokumentarfilm“ mit aufsehenerregenden Statements (es fehlt noch ein Kabelträger, der was dazu sagt; schade dass Pat Hartley Nichts dazu sagt, denn sie könnte Substantielles beitragen), wird das erste set auf 11 Nummern aufgebläht, indem das Announcement von Chuck Wein vorangestellt wird und SPANISH CASTLE MAGIC aus dem Zauberhut gezogen wird. Dieser take wird für dieses set wirklich nirgendwo erwähnt. Gleiches gilt für STONE FREE in set 2 gegen Ende. STONE FREE ist ein klassischer opener, niemals jedoch ein closer bei Hendrix. An dieser Stelle sei der Verweis auf die vollmundige Propaganda von Janie Hendrix & Co erlaubt: die letzte Produktion „GROOVY CHILDREN....“ wurde als „erstmals“ (stimmte nicht) vollständig angepriesen (stimmte erst recht nicht, denn es fehlen glatt fünf Titel, zwei sind massiv gekürzt (FOXEY LADY um die Hälfte). Ein Titel, der dito nirgends auftaucht (STEAL AWAY, wahrscheinlich ein Schnipsel vom Sound Check) wird eingefügt, oder die Unterschlagung des encore (HEY BABY) beim Konzert Atlanta POP 1970 (auch dieses Konzert wird von Janie Hendrix & Co. als vollständig bezeichnet. Mithin sind Zweifel berechtigt, daran, ob SPANISH...und STONE FREE wirklich gespielt wurden. Ich meine: nein.
Eine letzte Bemerkung zu Eddie Kramer. In einem großen Interview 2015 mit harmony central (der Profiwebseite für Musiker etc.) stellt er fest, dass er ab sofort für keine Hendrix Produktionen mehr zur Verfügung steht.
Wenn der Preis stimmt aber doch.
Zum guter Letzt Hendrix (in his own words); „The first rays of the new rising sun“ ist mein neues Leben. Jeder kann seinen Beitrag leisten, und zwar nicht nur mit Geld. Ich weiß nicht, was in England passiert, aber der Gott in Amerika ist die Dollarnote. Diese Anzugtypen glauben an Geld und an sonst gar nichts. (Hendrix zum Melody Maker am 11. Januar 1969)“. [zitiert nach Shapiro 1983, S.441]