4 von 5
intermerker
22. November 2013
Das zweitbeste Album von ZAZ
Alles Warten hat irgendwann ein Ende sagt man. Ob man das wirklich so absolut sagen kann, möchte ich bezweifeln. Was ZAZ betrifft, so hat dieser simple Spruch allerdings Recht. Mit "Recto verso" hat ZAZ ihr lang erwartetes zweites Studiolbum vorgelegt. Allerdings musste man der jungen Französin auch einige Zeit zubilligen. Schließlich hatte sie mit ihrem sensationellen Album "ZAZ" die Messlatte selbst schon ziemlich hoch angelegt.Klar, daß man sie nun daran messen würde. So erging es auch mir. Darum kann ich auch nicht verhehlen, ich war anfangs schon etwas enttäuscht. Wie schon beim ersten Titel On ira , den ich bereits aus dem Internet kannte, ertrinken die Stimme und auch ihr lebendiger Gesang leider immer wieder in teilweise schon arg verpopten Arrangements. Nichts mehr da von der frechen Frische des ersten Albums. Das hier klingt nicht mehr nach einer lockeren Straßenmusikerin vom Montmartre. Statt dessen auf einmal so ein belangloses Liedchen wie Gamine. Einfach nur beliebig, mit einem albern trällernden Backgroundchor und einer desinteressiert herüberkommenden ZAZ. Musik wie man sie im ZDF-Fernsehgarten aufführen könnte.Doch ich will hier nicht ungerecht sein. Auch wenn es nicht viel besser weiter ging. Beim genauen Hinhören konnte man unter all den Streichern und kitschigen Arrangements manchmal doch noch die ursprüngliche ZAZ erkennen. Auch gönnen uns die Produzenten mit La lessive zwischendurch eine kleine Verschnaufpause von ihrer Sicht auf gute Musik. Ab diesen Punkt hatte ich langsam den Eindruck, nehmen sie sich dann auch bei Toujours und Si je perds endlich etwas zurück.Was aber nun folgt ist der Titel Si. Ein Stück perfekt für ZAZ. Darum auch nur sie und ein Piano. Selbst der Hall passt hier endlich einmal. Doch was ist das? Schon wieder rollt von hinten eine Streicherzuckergusswelle an. Aber diesmal wehrt sich ZAZ. Unverzagt und kräftig singt sie dagegen an. Und zum Glück geht sie darin nicht unter. Sie behält die Oberhand, und wie zum Trotz das letzte Wort, a capella.Für mich der nicht mehr erwartete Höhepunkt des Albums. Und es wird gleich nachgelegt. Denn weil auch so ein kleiner Sieg gefeiert werden muß, braucht es ein fröhliches und freches Stück. Das hat ZAZ mit Charles Aznavours Oublie Loulou auch gleich bei der Hand. Das sie dabei Spaß hatte ist unverkennbar. Und es sind doch eben immer die spürbaren Gefühle, die mich an ihr so begeistern.Spätestens nach dem nun folgenden Cette journée sind die kleinen Unstimmigkeiten vom Anfang des Albums vergessen. Auch wenn mit Nous debout noch mal so ein Popsöngchen folgt. Das tut nicht weh. Schließlich serviert ZAZ zum Schluß, sozusagen als Dessert, dann noch einen Tango. Ganz ohne Sahne, Zuckerguss und Wunderkerze. Das was sie da unter dem Namen L lune anrichtet, ist bis zum letzten Ton ein Genuss. Der hält auch noch an, obwohl der CD-Spieler längst verstummt ist.Auch wenn es mich nicht wie ihr Debütalbum umgehauen hat, so ist "Recto verso" durchaus gelungen. Für die Freunde von Zaz alias Isabelle Geffroy ganz sicher ein Muss. Wer diese Sängerin allerdings neu entdecken möchte, dem sei nach wie vor ihr Debütalbum ZAZ vorrangig empfohlen.