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VinylRules
09. November 2020
Tiefer als gedacht...
Während ich beim ersten Hören von der scheinbaren Oberflächlichkeit des Albums noch etwas enttäuscht war gewann die Musik mit jedem weiteren Hören überraschend an Tiefe. Von reiner "Gefälligkeit" der Musik zu sprechen verfehlt das Ziel, vielmehr begeistert die pointierte Spielfreude und das gekonnte Setzen von entscheidenden Akzenten nach wiederholtem Hören. Was andere Rezensenten als negativen Rückschritt bewerten ist eine Kunst, die nur aus viel Erfahrung und einer langen musikalischen Reise erwachsen kann. Das bei dieser Reise auch "Altbewährtes" vergangener Jahre auf der Strecke bleibt ist gut so, sonst würde die Entwicklung eines Musikers - zu welchen Gefilde auch immer - eine recht fade Angelegenheit werden. Währen z.B. ein Michael Wollny in jüngeren Jahren vielleicht auf den ersten Blick progressiver oder experimenteller war gewinnen neuere Projekte an musikalischer Tiefe, auch wenn em-Fans der frühen Jahre davon enttäuscht sein könnten (aber auch nur, wenn Ihre eigenen Erwartungen Ihnen im Weg stehen). Aber gerade diese Entwicklungen machen große Künstler im Laufe Ihrer Vita aus, und so höre ich die aktuellen Aufnahmen von Carla Bley weder als Fort- noch als Rückschritt, sondern genau im Geiste des Albumtitels: Life goes on!