Jonas Kaufmann & Partnerinnen singen Puccini
Im letzten Jahr brachte Jonas Kaufmann ein Filmmusikalbum heraus, da schon mit leichter Stimme, die oftmals brüchig klang. Da dachte man vielleicht noch, für Filmmusik passt es wohl. Heute aber die Ernüchterung: Jonas Kaufmann hat sich mit diesem Album kein Gefallen getan. 2008: Ein eher unbekannter junger Tenor brachte sein Debütalbum heraus. Marco Armiliato dirigierte die Prager Philharmoniker. Es war Jonas Kaufmann, der als erstes Werk „Che gelida manina“ wählte. Ebenfalls auf dieser CD „E lucevan le stelle“. Pavarotti war gerade tot und Jonas Kaufmann wurde der beste Tenor. Es folgten Schlag auf Schlag Alben. 2015 nahm Kaufmann ein Puccini-Album auf. Auch da war seine Stimme bei voller Kraft, selbst die sehr hohe und jugendliche Partie aus „Gianni Schicchi“ sang er bravourös. 2018 in der Waldbühne Berlin, nach ersten Stimmkrisen, ein bemerkenswertes Konzert. 2019 die CD „Mein Wien“, auch noch auf einen hohen Niveau. Das Weihnachtsalbum ist durchwachsen, ein tragisches „O Holy Night“, ein frivoles „All I want for Christmas“. Das Duettalbum zeigt schon erste Schwächen. „La Bohème“ war mit „In un coupé“ vertreten. Kaufmann nicht in der bester Verfassung. Zum Filmmusikalbum steht oben etwas und was kommt jetzt: Ein Puccini-Album mit Liebesduetten und zwei Arien.
Die gute Seite: Das Orchester spielt brillant, jede einzelne Facette der Partituren erklingt klar und 67 Minuten Spieldauer sind ja auch selten geworden. Jonas Kaufmanns Diktion ist nach wie vor brillant, die Worte versteht man. Pretty Yende ist eine bezaubernde Mimì. Anna Netrebko ist auch im fortgeschrittenen Bühnenalter, ist aber noch eine angenehme Manon. Die Szenen aus „La fanciulla del West“ gelingen auch bei Jonas Kaufmann gut, Malin Byström ist eine robuste Minnie und füllt diese schwere Partie mit Leben. Was gesagt werden muss, Puccini hat ein Meisterwerk komponiert, welches leider nicht so häufig gespielt wird. Es verdient jede Aufführung, die reduzierte Fassung ist selbst für kleinere Häuser durchaus zu bewältigen. Gute Stimmen zu finden, sollte da schwerer sein. Asmik Grigorian hört man als Giorgetta gerne, auch Kaufmann ist als Luigi keine Fehlbesetzung und mit dem „Mädchen aus dem goldenen Westen“ sind diese beiden Szenen die hörenswerten des Albums. Mit ein paar Abstriche ist auch die Szene aus „Madama Butterfly“ ganz angenehm zu hören. Jedoch presst Jonas Kaufmann die Höhen etwas unsauber und rettet sich oft ins Falsett.
Die schlechte Seite: Alles andere. Und nein, der alte Pavarotti sang zwar auch immer das gleiche, aber Pavarotti klang bis er 60 Jahre alt wurde, noch angenehm und kraftvoll. Kaufmann macht einen Fehler, einen gravierenden. Er nimmt nochmals die Arien aus „Bohème“ und „Tosca“ auf. Das hätte er sich sparen können. Die Aufnahmen aus 2008 sind Referenz-Aufnahmen, aber das ist zu gequält. Mario liebt das Leben nicht, sondern wünscht sich den schnellen Tod und dann „Che gelida manina“. Normalerweise hat das persönliche nicht viel in einer Beschreibung/Kritik zu suchen, aber heute ausnahmsweise mal: Durch diese Arie bin ich überhaupt mit Jonas Kaufmann in Berührung gekommen und in all den Jahren war eine große Bewunderung da, egal ob Puccini, Flotow, Verdi, Wagner oder die leichte Muse, aber diese Arie so zu singen, das tut im Herzen sehr weh. Es war früher mal seine Zugnummer, diese wirklich anspruchsvolle Arie, so dolce sang er die Arie. Heute ist sie tonnenschwer und hat jeglichen jungen Charme verloren. Mimì würde Rodolfo wohl niemals zum Partner nehmen.
Die Szene aus „La Bohème“ hat Kaufmann 2015 schon aufgenommen, sowie die aus „Manon Lescaut“ auch. Sonya Yoncheva klingt als Tosca ein wenig zu brav und Maria Agresta als „Butterfly“ nicht verliebt genug.
Eine Frage bleibt übrig: Wer singt die acht Worte des Nicks? Das wird nicht ersichtlich, hat Kaufmann gar die Worte übernommen?
Und was ist mit der Einleitung von „Che gelida manina“ passiert bzw. wo ist der Schluss von „E lucevan le stelle“?