4 von 5
Heimacker
Top 100 Rezensent
06. Februar 2024
Gesamteindruck:
4,0 von 5
Künstlerische Qualität:
5,0 von 5
Repertoirewert:
4,0 von 5
Energisches aus der Kammer
Sergej Tanejew, Schüler und Freund Tschaikowskys, Pianist und Musikprofessor, war nach den Jahren der Findung ein Komponist mit starker akademischer Neigung. Seine Liebe galt dem Kontrapunkt und seiner Perfektion. Und der Frau Leo Tolstois. Er wollte nicht für die Kaffeehäuser komponieren, sondern hochakademische Werke. Das ist ihm auch gelungen. Leider sieht das breite Publikum dies anders, während die Fachwelt mit der Zunge schnalzt. Zur Zeit der Entstehung hatte sich der Kompositionsstil in Europa bereits in Richtung Neue Klassik verabschiedet. Tanejew war als Komponist ein Relikt, zugegebenermaßen perfekt. Seine drei Kammermusikwerke mit Klavier sind auf der vorliegenden Doppel-CD vereint. Alle drei Kompositionen sind vom Umfang und Aufbau her kleine Sinfonien. Für die Künstler, die Tenejew spielen, besteht das Dilemma der Interpretation. Romantisch gespielt ist es langweilig. Also greift man meist zu einer extrem dynamischen Interpretation. Diese wirkt auf jeden Fall auf der Bühne. Auf CD weniger. Für die Aufnahmen haben sich Spitzenleute der Szene zusammengefunden. Sie spielen im Stil der russischen Klavierschule mit viel Kraft und hohem Tempo. Keine Entspannungsmusik. Der Begleithefttext ist reich an Zitaten und leicht verständlich. Die Platte ist für Freunde der russischen Musik der Nach-Tschaikowsky-Zeit ein Erlebnis. Auf der Bühne wirken die Werke noch mehr.