5 von 5
meiernberg
Top 10 Rezensent
29. September 2015
Gesamteindruck:
5,0 von 5
Künstlerische Qualität:
5,0 von 5
Repertoirewert:
4,0 von 5
Das Orchester als Star der Oper
Man kann sich nur wundern, dass Zandonais Oper so wenig auf den Spielplänen der Opernbühnen zu finden ist. Zandonais "Francesca da Rimini" ist ein großartiges Werk, groß besetzt, sehr effektvoll instrumentiert, mit schlagkräftigen Chören, profilierten Solopartien und einem Stoff, der alles hergibt, was ein guter Opernstoff braucht: Dramatik, Liebe, Tod und Verzweiflung. Daraus lässt sich trefflich Oper machen und Zandonai hat es getan - und wie! Die sich an Puccini orientierende Tonsprache hat einen eigenen Charakter, ist etwas herber und entbehrt der "süßlichen" Kantilenen und Arien. Zum Mitsingen gibt es nicht viel, dafür aber ständige musikalische Überraschungsmomente. Dabei ist das Orchester der Star der Oper. Die Orchestervor- und -zwischenspiele sind besondere Höhepunkte und auch sonst "untermalt" das Orchester die Gesangspartien auf sehr eindrückliche Art. Man höre sich nur den sehr dramatischen Schluss der Oper (Francesca und Paolo werden umgebracht) an. Was Zandonai da ins Orchester geschrieben hat, ist schon die ganze Oper wert und fesselt ungemein.
Die Freiburger Interpreten um den Dirigenten Fabrice Bollon überzeugen. Besonders das Orchester verdient sich ein Extra-Lob und beweist, wie gut auch die Orchesterkultur "in der Provinz" ist. Sopranistin Christina Vasileva überzeugt als Titelheldin auch in lyrischen Passagen, während - und das ist der einzige Kritikpunkt - Tenor Martin Mühle als Paolo mit einem penetranten Forte/Mezzoforte die eigene Stimme strapaziert. Der großartigen Gesamtleistung (auch der Chor!) tut das keinen Abbruch.
Auch die Aufnahmetechnik ist großartig und bildet selbst den großen Orchesterklang differenziert ab. Lediglich hinter das Booklet muss man ein Fragezeichen machen. Es ist mit 87 Seiten zwar sehr umfangreich, liefert zum originalen italienischen Libretto nur eine englische Übersetzung. Deutsch fehlt! Warum? Vielleicht wäre der Umfang dann zu groß geworden. Schade bleibt es trotzdem! Im ganzen: eine großartige Produktion!