5 von 5
jommelli
Top 50 Rezensent
29. Oktober 2017
Gesamteindruck:
5,0 von 5
Künstlerische Qualität:
5,0 von 5
Repertoirewert:
5,0 von 5
Interessante Repertoireergänzung
Der Name J. P. Kellner ist der Nachwelt hauptsächlich durch seine Abschriften der Werke Bachs bekannt. Dass sich hinter dem Thüringer, der neben seiner kompositorischen und pädagogischen Tätigkeit u.a. auch die nicht besonders glanzvolle Aufgabe eines Schuldieners in Gräfenroda versah, ein durchaus origineller Komponist verbirgt, macht die neue CD eindrucksvoll klar. Die meist sehr kurzen Kantaten zeichnen sich durch eine ausgesprochen frische und kurzweilige Erfindungsgabe aus und sind vorwiegend im damals modernen galanten Stil geschrieben, ohne aber eine deutliche Faszination für kontrapunktische Schreibweise zu verleugnen. Mich hat Kellners Stil stark an C. H. Graun erinnert. Sicherlich handelt es sich dabei nicht um wirklich große Musik, aber einen durchaus interessanten Mosaikstein im mitteldeutschen Musikleben des 18. Jahrhunderts. Man spürt, dass die ausgezeichneten Sänger und Instrumentalisten unter der kompetenten Leitung von B. Klapproth mit großer Entdeckerfreude und Präzision an die Einspielung der oftmals recht virtuosen Werke gegangen sind. Besonders schön ist, dass dabei die original rekonstruierte, sehr klangvolle und individuelle Kellner-Orgel aus Gräfenroda bei einigen Arien eindrucksvoll konzertant hervortritt. Allerdings ist nach dem Anhören dieser verdienstvollen Ersteinspielung eines ganz klar: Kellner kann niemals der Autor der berühmten d-moll Toccata von J.S.Bach gewesen sein, was man leider noch immer lesen kann. Zu groß sind die stilistischen und kompositionstechnischen Welten die zwischen dem Titanen und dem sympathischen Kleinmeister liegen. Klare Kaufempfehlung für diese interessanten Weltpremieren!