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Anonym
02. Juli 2018
Gesamteindruck:
5,0 von 5
Künstlerische Qualität:
5,0 von 5
Repertoirewert:
5,0 von 5
Freude und Dramatik - feierliche Musik von Lachner, zwischen Beethoven und Weber
Irgendwie steht die dritte Sinfonie von Lachner in Nähe zu Webers Freischütz, und eigentlich auch zu der Frauengestalt der Catharina Cornaro, die sich in ihrer Notlage und ganzen Art mit Webers Agathe vergleichen lässt (Marco ein Max?). Das heitere Gemüt der Catharina, die in eine üble Lage gerät und dabei doch Klugheit und Gutmütigkeit bewahrt und zu einer tragenden Säule in der Männerwelt wird, passt zur humorvollen und tapferen Agathe. Hier meine ich, dass Lachners Sinfonie Nr. 3 op. 41 genau in diesem Thema den Ton trifft. Heiterkeit und Ernst, Drama, Leiden, Glück, Optimismus und Güte, aber auch Spaß und Witz findet man hier, wie bei Agathe und Ännchen und Max. Lachner realisiert das mit einer Liebenswürdigkeit wie Weber und einer Dramatik wie Beethoven. Und das Werk erreicht bei der Überwindung der Tragik auch eine hörbare Feierlichkeit (1. und 4. Satz). Bäuerliche Schelmenhaftigkeit, ländliche Gemütlichkeit und leidenschaftliche Freude und Glücklichkeit in der Natur spielen ebenso eine Rolle ( 2. und 3. Satz). Elemente, die man so auch im Freischütz findet.
Laut Booklet feierte man Lachner als würdige Entdeckung nach Beethoven, und ich kann auch leicht nachvollziehen, dass Lachners Stil auch genau da zu orten ist, eben zwischen Weber und Beethoven. Die wunderschöne Festouvertüre Es Dur tut ihr übriges, um genau das zu bestätigen. Es gibt sie in zwei Varianten, leider hat man hier nur die zweite eingespielt. Es gibt sie nämlich mit zwei verschiedenen Schlüssen, einmal mit der bayerischen Königshymne (heutige englische Nationalhymne) und der österreichischen Kaiserhymne (heutige deutsche Nationalhymne, hier auf der CD verwendet). Beide Versionen hätten auf der CD Platz gehabt, und dieser Wechsel zweier Hymnen zu zwei heutigen Staaten hätte gut zu Lachners Position zu Beethoven gepasst, der als Weltbürger auch zwischen genau diesen beiden Staaten stand (man beachte auch den Beethoven-nahen Film "Schwarzer Jäger Johanna" mit Marianne Hoppe und Paul Hartmann von 1934, eine kleine Rechnung gegen damalige politische Verhältnisse; der Film passt sehr gut zu den hier von Lachner, Weber und Beethoven angeschnittenen Themen).
Die Interpretation der Werke mit Gernot Schmalfuss und dem Evergreen-Orchester macht echt Laune: das Ganze wird dramatisch packend in einem schlüssig-logischen Handlungsfluss ungemein sinnvoll durchgestzt, und zwar so dass Begeisterung aufkommt. Niergendwo ein Stocken oder holpriges Nichtverstehen, aber eine ungemein farbige und kräftige Organik, die die Natürlichkeit fruchtig macht. Absolut gelungen. Meine einzige Überlegung zu Alternativen war einzig, ob man den dritten Satz der Sinfonie vielleicht etwas langsamer machen könnte, um einen stärkeren Ruheeffekt in der Natur darzustellen, und. auch die Festouvertüre, um sie etwas "staatstragender" zu machen. Aber das spielt im Grunde keinerlei Rolle, die Aufnahme hier ist fantastisch und wird nur Lust auf die Musik machen (also keine abgehetzten Tempi)
Das sehr informative Booklet macht die Sache dann echt vollkommen, und man kann nur hoffen, dass genau dieses Orchester mit Schmalfuss zusammen noch viele Orchesterwerke von Lachner veröffentlichen wird!