5 von 5
HL
11. März 2019
Gesamteindruck:
5,0 von 5
Künstlerische Qualität:
4,0 von 5
Repertoirewert:
5,0 von 5
Grandioses Klavierkonzert
Kurt Atterbergs zwischen 1927 und 1935 entstandenes Klavierkonzert b-moll ist zweifellos ein Schwergewicht unter den spätromantischen Klavierkonzerten. Es baut kompositorisch (Orchester und Klavier sind streng integriert, weniger im Dialog) auf den Brahms-Konzerten auf, dürfte aber auch von Wilhelm Stenhammars eindrucksvollem 1. Klavierkonzert beeinflusst worden sein, das ebenfalls in b-moll steht. Das Atterberg-Konzert enthält eine Fülle mitreißender Motive, besticht durch seine Rhythmik und lebt von Atterbergs origineller Orchestrierung. Je häufiger man dieses Werk hört, desto tiefer taucht man in Atterbergs Welt ein. Ein Eintauchen, dass sich lohnt, da das Werk zwar von einigen mitreißenden Motiven lebt, aber doch recht komplex und dicht ist.
Aufgrund dieser Dichte und Komplexität ist es wichtig, Atterberg akustisch ins richtige Bild zu setzen. Vergleicht man die hier vorliegende Einspielung mit Love Derwinger (der auch Stenhammars 1. Klavierkonzert eingespielt hat) und Ari Rasilainen mit der NDR Radio Philharmonie Hannover mit der auf Sterling veröffentlichten Interpretation mit Dan Franklin Smith (Klavier) und B. Thommy Andersson, der das Gävle Symphony Orchestra leitet, wird dies deutlich. Während bei der cpo-Produktion ein recht kompakter Klang dominiert - hier sind die tiefen Streicher oftmals nur erahnbar -, wartet die Sterling-Einspielung mit vielen Details auf. Hier ist der Orchesterklang differenzierter und heller. Derwinger klingt vor allem im ersten Satz auch stellenweise etwas schwerfälliger, Smith kommt nach meinem Empfinden etwas geschmeidiger daher. Dies drückt sich auch im Tempo aus. Die cpo-Einspielung dauert rund 2 Minuten länger.
Dieser Vergleich soll aber nicht den Verdienst von Derwinger, Rasilainen und den Philharmonikern schmälern. Die Einspielung des Klavierkonzerts ist überzeugend und packend. Editorisch ist zu loben, dass Atterbergs grandioses Klavierkonzert mit der Rhapsodie op.1 für Klavier und Orchester kombiniert wurde, ein kurzweiliges und frisches Jugendwerk. Ein besonderer Hörergenuss ist aber die Ballade und Passacaglia op 38, die auf einem wundervollen schwedischen Volkslied basiert. Diese CD ist daher rundweg zu empfehlen. Das in den Kritiken geäußerte Lob der Klangqualität kann ich allerdings nicht ganz nachvollziehen. Eine Fußnote: Wer das Klavierkonzert schätzen lernt, wird sich ohnehin neugierig der Alternative von Sterling zuwenden. Es lohnt, beide Einspielungen zu kennen.