4 von 5
jommelli
Top 50 Rezensent
01. Februar 2014
Wichtige Ersteinspielung
Telemanns 1728 entstandene Oper um den gegen Persien aufbegehrenden Afghanenfürsten Miriways erregte schon 1992 bei einer konzertanten Aufführung unter Reinhard Goebel großes Aufsehen in der alte-Musik-Szene: Telemann als ein völlig unterschätzter Opernkomponist, der Händel in nichts nachstand war erst noch zu entdeckendes Neuland. Merkwürdigerweise wurde die hervorragende Aufführung nie veröffentlicht und es dauerte über 20 lange Jahre, bis die Oper endlich ihre Cd-Premiere erfuhr. CPO veröffentlicht nun einen klanglich erstaunlich guten, da weitgehend nebengeräuschfreien Livemitschnitt der Magedburger Telemann-Festtage von 2012. Über alle Kritik erhaben ist das Spiel des von Michi Gaigg geleiteten Barockorchesters, aus dem die exzellent gespielten Naturhornpartien ganz besonders eindrucksvoll hervorstechen. Alle Sänger erfreuen durch sehr gute bis gute Leistungen, allerdings ohne besonders spektakuläre Höhepunkte. Stärkere Abstriche muß man neben einigen der Livesituation geschuldeten kleinen Unsauberkeiten leider bei der Textverständlichkeit fast aller Solisten machen. Der größte Wermutstropfen ist allerdings die recht willkürliche Kürzungspraxis bei den Dacapos: Manch belanglose Arie wird ganz gesungen und regelrechte Highlights wie die von den Hörnern virtuos umspielte Zemir-Arie des 2. Aktes werden brutal verstümmelt. In einem stark italienisch geprägten Werk wie diesem, das ganz auf die Dramaturgie der Dacapo-Arie und ihrer Möglichkeiten zu freier Verzierung setzt, sollten Kürzungen eigentlich die große Ausnahme sein und am ehesten in Secco-Rezitativen stattfinden.
So bekommt der Telemann-Freund nun endlich eine recht gute, wenngleich auch nicht perfekte Aufnahme eines glänzenden barocken Musikdramas präsentiert. Allerdings bleibt der Wunsch nach einer ungekürzten Studioaufnahme weiterhin bestehen.