5 von 5
gemi:re
Top 25 Rezensent
01. Mai 2016
Gesamteindruck:
5,0 von 5
Künstlerische Qualität:
5,0 von 5
Repertoirewert:
5,0 von 5
Vilde Frang belebt Britten und Korngold
Keine Frage, die Violinkonzerte von Britten und Korngold sind (leider) keine Reisser unsres heutigen Konzertbetriebs wie die von Bruch und Tchaikovsky , obwohl Musik unsrer Zeit, doch keinesfalls solche, die konservative Konzertgänger gerne als zu moderne Neutöner verschmähen, ohne sie zu kennen oder auch mal gehört zu haben.
Korngolds Violinkonzert, 1937 noch von Huberman und 1945 nach der Emigration in die USA auf weitere Anregung von Heifetz vollendet und von ihm 1947 erstmal aufgeführt, ist alles andre als neutönerisch, sondern ein spätromantisch und von div.Themen der Filmmusiken Korngolds klingendes Stück Musik in drei Sätzen, die Heifetz mit dem Los Angeles Philharmonic unter Wallenstein so effektvoll wie geigerisch absolut souverän 1953 einspielte, nach wie vor erstrangig. Brittens Konzert datiert aus früheren Kriegszeiten 1938-39, wurde 1940 in der Carnegie-Hall unter Barbirolli uraufgeführt, später 1950 und dann 1958 letztgültig überarbeitet. Britten klingt weniger wie Korngold thematisch (romantisch) gefällig als mehr strukturbetont, strenge Pauken- und Ostinato-rhythmen geben den Ton für die Streicher und Bläser an, das Scherzo ist eine grimmig-groteske Tanznummer zu einem Tuba-Thema (andante) zur beschliessenden grossen Passacaglia. Grosse Musik also.
Vilde Frang, die jugendliche und höchst sympathische norwegische Geigerin, derzeit in Berlin ansässig, spielt beide Konzerte mit einer frappierend schlichten, klangschönen Intensität, die alles aufgesetzte und unmusikalisch Reisserische verweist. Ihr geht es primär um die Ansprüche und Fragestellungen der notierten Musik: wie höre, spiele, gestalte ich das. Im Vergleich zu Heifetz' elegantem oder Ida Haendels robustem Aplomb hört sich das erstmal eher bescheiden, zunehmend aber musikalisch durchdacht, stringent formuliert und klingend an. So 'schön' kann sog. moderne Musik sein. Und die Frankfurter Musiker unter dem versierten James Gaffigan sind souveräne Akteure. Also keine Angst vor neuen Tönen, Vilde Frang weist einen Weg.
Keine Frage, zwei tolle Violinkonzert-Einspielungen.