4 von 5
gemi:re
Top 25 Rezensent
07. Januar 2018
Gesamteindruck:
4,0 von 5
Künstlerische Qualität:
4,0 von 5
Repertoirewert:
4,0 von 5
Trifonov's Masterpiece
Man freut sich ja besonders als Klaviermusik-Liebhaber über allseits hochgelobtes Spiel, so vor allen andren über den noch jungen Daniil Trifonov, auch wie er eben das Sylvesterkonzert der B-Phil. mit Rach-3 perfekt-souverän absolvierte. Man kann selten so (wie auch Lang-Lang) Klavier spielen hören ... und er spielt wie auch immer rein pianistisch z.T. atemberaubend.
Seine 'Gramophon'-Kür zum "Artist of the Year" und die Auszeichnung "Recording of the Month" für sein DG-Liszt-Album 'Transcendental' belegen eine besondere Wertschätzung für seine fabelhafte Pianistik und seine Sonderstellung unter den derzeitigen Piano-Highlights. Jenseits des PR-Gedöns für marktkompatibles Neues mit pianistischem Aplomb jedoch bleibt der musikalische Vergleich, sofern man auch noch musikalisch unterscheiden und urteilen kann und will.
Da sind doch zwei vergleichbar musikalisch erstrangige, womöglich nun auch schon vergessene Liszt-Grössen wie Brendel (auch philologisch) und Arrau, die sich in den 1970-80er Jahren besonders mit Liszt beschäftigt haben, und deren hochkarätige Einspielungen immer noch greifbar und gültig sind.
Beide würden dem von Trifonov vermittelten Anspruch höchster Virtuosität nur annähernd gerecht, vermögen jedoch eine musikalisch höchst differenziert ausgehörte, vor allem rhetorisch beredte Listnähe auszuspielen. Die zwölf transcendanten und die drei Konzert-Etüden spielt Arrau (Mitte der 70er) weniger pianistisch abgefeimt und akzent-kalkuliert, dafür musikalisch flüssiger und visionärer, gehaltvoller. Arrau wusste nun auch durch seine Nähe zu Busoni von Liszt mehr, als man heute bei Trifonov hören kann. Und jenseits aller agilen Pianistik, gibt es diesen alten, künstlerisch erlebt-erfahrenen Hintergrund, der heute kaum mehr erfahrbar und vermittelbar ist. Längs solcherart gewachsener profunder Agogik, subtiler Phrasierung und sinnvoller Differenzierung (so wie auch bei Brendel) hört man den Unterschied im Vergleich zur eindrucksvollen pianistischen Artistik.
Trifonovs Liszt-Album ist gewiss ein pianistisch (5*) grandioser Triumph, zumal auch musikalisch ein bemerkenswertes Etudes-Kompendium aus einer Hand, und klang-dynamisch überwältigend gut, perfekt - nur, mir fehlt, so old fashioned, dieser transzendentale 'resound' um wirklich berührt zu sein.