5 von 5
Anonym
11. Mai 2016
Gesamteindruck:
5,0 von 5
Künstlerische Qualität:
5,0 von 5
Repertoirewert:
5,0 von 5
Gelungenes Orgelporträt
Diese CD ist die längst überfällige Ersteinspielung der Franz-Liszt-Gedächtnisorgel der Herz-Jesu-Kirche in Weimar - ein fantastisches Konzertinstrument, das dem Interpreten für die Musik fast aller Epochen und Stilrichtungen überzeugende Klangmischungen anbietet.
Das Programm ist daher relativ kleinteilig angelegt und äußerst abwechslungsreich, wobei der Schwerpunkt auf englischer Orgelliteratur liegt, die man in Deutschland nur selten zu hören bekommt. Am beeindruckendsten war dabei für mich Herbert Howells' "Master Tallis's Testament", das Robert Smith mit einer ausgefeilten Klangdramaturgie und sehr stimmigen Registrierungen spielt (hier kommt offenbar auch das Fernwerk der Orgel zum Einsatz). Liszt, der Namensgeber, der Orgel, ist mit einem effektvoll registrierten "Ave Maria" vertreten, während Regers "Benedictus" (aus op. 59) hier in einer überraschend dramatischen Version dargeboten wird. Die Uraufführung von Bertie Baigents "Bright star" bildet dazu mit Dissonanzen, rhythmischen Akzenten sowie einem gewissen englischen Humor einen interessanten Kontrast. Auch die Stücke von Kenneth Leighton, Pärt, Duruflé und Elgar sind absolut hörenswert.
Zwar gibt es an ein paar Stellen Nebengeräusche und das Klangbild könnte insgesamt vielleicht etwas mehr Räumlichkeit vertragen, aber dies ist vermutlich nur ein Nebeneffekt der Live-Aufnahme und stellt keine Beeinträchtigung des Hörerlebnisses dar. Der englische Organist überzeugt durch sinnvolle Phrasierungen, eine glasklare Artikulation und unkonventionelle, aber gut durchdachte Registrierungen. Insgesamt handelt es sich um eine der interessantesten Orgel-CDs, die ich in den letzten Jahren gekauft habe, und ich hoffe, sowohl von diesem Interpreten als auch der Liszt-Gedächtnisorgel in Zukunft noch mehr zu hören.