3 von 5
jommelli
13. Juli 2014
Gesamteindruck:
3,0 von 5
Künstlerische Qualität:
3,0 von 5
Repertoirewert:
5,0 von 5
La Signora tremolante
Am Vibrato scheiden sich die Geister- als wohldosiertes stimmliches Ausdrucksmittel an besonders expressiven Stellen war es bereits zur Barockzeit üblich und kann im besten Fall eine gesteigerte emotionale Wirkung hervorrufen, ein zu starkes Vibrato wurde schon seit eh und je als geschmacklos oder Zeichen stimmlichen Verfalls gesehen. In der ersten Hochphase der historischen Aufführungspraxis verbannten Sängerinnen wie Emma Kirkby das Vibrato nahezu völlig aus dem Katalog der stimmlichen Möglichkeiten. Cecilia Bartoli bewies dann ab den 1990ger Jahren, wie wohltuend und erfreuend sinnlich das gekonnt eingesetzte Schweben der Stimme sein kann. Anna Bonitatibus, über deren Alter das Internet trotz intensiver Suche nichts preisgibt, jedoch will oder kann dieses Stilmittel nicht mehr befriedigend und wohldosiert einsetzen, was ihr z.B. in Händels Tolomeo vor 6 Jahren noch einwandfrei möglich war. Leider wird im vorliegenden Fall das permanente Vibrato fast durchgehend zu einem äußerst unschön flackernden, sehr schnell regelrecht penetranten Tremolo, das wie die Karikatur einer alternden Operndiva wirkt und mir ein durchgehendes Anhören der CD verleidet hat. Das ist umso bedauerlicher, als die Bonitatibus in diesem hochinteressanten, mit nicht weniger als 14 Ersteinspielungen aufwartenden Album ansonsten über hervorragende Technik, ein großes dynamisches Spektrum und stilsichere emotionale Darstellungskraft, die sie in der Figur der „Signora reale“ äußerst glaubwürdig erscheinen lässt, verfügt. Die editorische Idee, der Figur der Semiramis vom Barock bis zur Frühromantik eine musikalische Referenz zu erweisen und dabei dem heutigen Hörer hervorragende Musik von so entlegenen Komponisten wie Bernasconi, Borghi oder Nasolini zu präsentieren ist großartig. Die dreisprachige, prächtig bebilderte und historisch bestens recherchierte Edition trotzt beeindruckend der grassierenden billigen Downloadpraxis, doch das schönste „Artwork“ nützt nichts, wenn der musikalische Anteil so wenig überzeugend wie im vorliegenden Fall ausfällt- schade!