4 von 5
gemi:re
Top 25 Rezensent
04. September 2021
Gesamteindruck:
4,0 von 5
Künstlerische Qualität:
5,0 von 5
Repertoirewert:
3,0 von 5
Sir John's Mahler
Sir John Barbirolli, der gebürtige Brite, dessen italienische Vorfahren schon in englischen Theaterorchestern spielten, war primär Cellist und Kammermusiker der Royal Academy und im London Symphony Orchestra, begann dort in den 20er Jahren mit dem Dirigieren und dann erfolgreich mit dem London Philharmonic in den 30ern, auch als Begleiter hochkarätiger Solisten wie Heifetz und Rubinstein.
Weniger erfolgreich als PR-diskreditierter Nachfolger Toscaninis bei der N.Y. Philharmony 1937, wurde er dann aber ein hochangesehener britischer Dirigent, primär als Chef des Manchester Halle' Orchestra. Von seinen seinerzeit zahlreichen Platteneinspielungen sind vor allem seine römische 'Butterfly' mit Scotto, Bergonzi, Panerai, und die hoch leidenschaftlichen Elgar-Konzerte mit der Cellistin Jaqueline du Pre und der Altistin Janet Baker mit dem London Symphony Orchestra berühmt, sowie seine wenigen Mahler-Dirigate der sog. 'old school' solcher authentischen Mahler-Dirigenten wie Klemperer und Walter, eher dem moderaten Spätstil Walters vergleichbar.
Barbirollis Zeitgefühl oder timing, seiner späten Brahms-Einspielung mit den Wiener Philharmonikern ähnlich, musiziert alles in allem einen cantablen, spätromantischen Stil.
In London und Berlin hören wir entsprechend klangvoll seriöses Mahlerdirigat einer andren Zeit, das weniger musikologisch nüchtern reflektiert ist wie viele Interpretationen von heute.
Eine Feststellung, kein Verdikt - Barbirolli vermittelt viel von Mahlers musikalischer Welt und Zeit. Seine gelassen ruhig und tiefernste Darbietung der 6ten, mit dem 'Alma-Andante' sinnvollerweise an zweiter Stelle, und die Mahler-Lieder mit der Altistin Janet Baker, klarer, feiner Gesang von herb dezentem understatement, sind Marksteine der Mahler-Discographie.