3 von 5
gemi:re
Top 25 Rezensent
05. Juni 2016
Gesamteindruck:
4,0 von 5
Künstlerische Qualität:
4,0 von 5
Repertoirewert:
2,0 von 5
Beethoven im B-Phil-Brüter
Die Berliner Philharmoniker haben sich nun auch mit ihrem quirligen Chef Sir Simon zum Ende seiner Ära einen neuen Beethoven Zyklus erarbeitet, als Resultat div. Aufführungen und multimedia Probenmitschnitten, live aus der Philharmonie Berlin. Und der kann sich durchaus sehen! wie auch hören lassen, es wurden keine Hitech- und Verpackungs-Kosten gescheut, zudem reist der Zyklus auch als Gastspiel um die kulturelle Welt.
Nach Karajans fulminantem Auftakt (60er! und 70er), nach wie vor gültig, wenn auch veraltet und nicht hist. informiert, und Abbados hist.orientiertem Mitschnitt aus Rom, der vor allem wegen der musikalischen Intensität und Stringenz überzeugt, sucht Rattle den Weg der musikalischen Entschlackung und Beschleunigung der orchestralen tutti-Partien, um jeden Anklang von Pathetik zu vermeiden.
Dies klingt dann bisweilen äußerst flink-sportiv wie ein Dressurakt mit div. Solisten, die sich durchaus im Detail verfeinerter Darstellung profilieren können. Da sind viele ausgehorchte und ausgesungene, jedoch auch nach vereinzelt klingenden Stellen, wie Perlen einer ungleichen Kette.
Die Frage, warum spielen sie das so?, beantwortete einst der berühmte Geiger Jascha Heifetz frappierend lapidar:
weil ich es kann. (Und Nicht, weil es so sein muss.)
Diese Differenz musikalischer Transformation kommt einem auch bei diesem Berliner Beethoven in den Sinn. Ein Spiel ums Können, der Rasanz und artistischen Detailaffektion bis an die Grenzen plausibler Artikulierung und Wahrnehmung!
Was bleibt von Beethovens (auch ausser-musikalischer) Botschaft, wenn die thematischen Motive nur so um die Ohren fliegen, ohne zwingend durchgestaltete Formen, die soziokulturell-humanen Apelle an die Welt, einst revolutionär, heute im Klangrausch philharmonischen Durchlaufs untergehen?
Beethoven als Marathonmann bleibt auf der Strecke rhythmisch-dynamischer Präsenz, ohne bemerkenswerten Nachhall. Sorry.