4 von 5
blackbird
Top 50 Rezensent
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Alter:
45 bis 54
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Geschlecht:
Männlich:
14. Januar 2016
Gesamteindruck:
4,0 von 5
Künstlerische Qualität:
4,0 von 5
Repertoirewert:
4,0 von 5
Die erste Studio-Lucia der Moffo - zweifellos die bessere!
Was auch immer die superschlauen "Kritiker" und Besserwisser an der Moffo auszusetzen hatten - dass sie mit falscher Rollenauswahl ihre Stimme ruiniert habe, dass sie im falschen Fach gesungen habe, dass sie eine zweite Callas habe sein wollen (wollte SIE übrigens NIE, diesen Unsinn hat man ihr angehängt, unterstellt), dass doch eigentlich die Lucia von Donizetti schon eine Nummer zu groß für sie gewesen sei..... Ihre erste Studioaufnahme des Werkes von 1966 beweist eindrücklich das Gegenteil. Die Sängerin ist im Vollbesitz ihrer stimmlichen Möglichkeiten und Kräfte (anders als bei der zweiten Einspielung, die nur 5 Jahre später entstanden ist). Sie deckt alle Facetten dieser Rolle und dieses Charakters ab, auch die dramatischen. Hörbar überfordert ist sie zu keinem Zeitpunkt. Manches gerät für einen Augenblick ein wenig in die Nähe des Verismo - Tränen konnte man im Zeitalter des Belcanto akustisch nicht sichtbar machen... Georges Pretre, der Callas-Mentor der frühen 60er Jahre, entscheidet sich dankenswerterweise für eine strichlose Fassung, d.h. auch das Duett Lucia/Raimondo und auch das zwischen Enrico und Edgardo sind aufgenommen worden. Ansonsten wirkt das Dirigat nicht sonderlich inspiriert, aber durchaus solide. Bei der Besetzung konnte man seinerzeit aus dem Vollen schöpfen. Carlo Bergonzi ist ein herrlich geschmeidiger Edgardo, dessen Höhenlage in dieser Aufnahme leider etwas angestrengt klingt, Mario Sereni singt einen kernigen Enrico, dessen Timbre gut zum kantigen Charakter der von ihm dargestellten Figur passt, Ezio Flagello lässt als Raimondo für meinen Geschmack überhaupt keinen Wunsch offen, Pierre Duval ist eine Luxus-Besetzung für die kurze und kleine Rolle des Arturo und selbst mit Corinna Vozza ist noch eine ziemlich prominente Alisa-Besetzung engagiert worden. Auch der Chor und das Orchester der RCA Italiana in Rom machen einen tadellosen Job. Dies ist eine Aufnahme, die ich jedem empfehlen kann, der das vollständige Werk in einer sehr guten Besetzung kennenlernen möchte. Die Aufnahme ist zwar 50 Jahre alt, aber dennoch allem, was in den letzten 10 Jahren in puncto LUCIA auf den Markt geworfen wurde, vorzuziehen.