3 von 5
Anonym
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Alter:
45 bis 54
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Geschlecht:
Männlich:
16. Februar 2015
Gesamteindruck:
3,0 von 5
Künstlerische Qualität:
3,0 von 5
Repertoirewert:
5,0 von 5
Belcanto-Rarität
Endlich - so möchte man fast sagen - endlich mal eine Aufnahme, in der die sonst so unfehlbare und fast immer perfekte Edita Gruberovà mal Schwächen zeigt, mal nicht fehlerlos singt, mal menschlich erscheint und nicht mechanisch. Die slowakische Sopranistin, zum Zeitpunkt der Aufnahme im Jahre 2012 im 65. (!) Lebensjahr, kann es sich durchaus leisten, mal einen Ausrutscher zu präsentieren, zumal auch ihr künstlerisches Umfeld nicht optimal ist. Davon ausgenommen ist ausdrücklich das SWR-Sinfonieorchester unter der Leitung von Pietro Rizzo. Hier wird wirklich feinster Belcanto zu Gehör gebracht. Unter den Solisten sticht am ehesten José Bros positiv hervor, obwohl man anmerken muss, dass sein Tenor im Laufe der Jahre an Flexibilität eingebüßt hat, weniger geschmeidig, dafür aber mit grenzwertigem Vibrato daherkommt und metallischer klingt, was in der Höhenlage allerdings einigen Effekt macht. Luca Grassi hat seine Rolle stimmlich und technisch voll im Griff. Leider lässt der Klang dieser Stimme zu wünschen übrig. Was man hört, klingt hölzern, trocken, fast dröhnend. Von Italianità keine Spur. Laura Polverelli ist - die Sängerin möge es mir verzeihen - eine akustische Zumutung. Ihre Stimme ist schlecht fokussiert in allen Lagen, die Darbietung wirkt aggressiv, fast hysterisch. Edita Gruberovà liefert - bedenkt man ihr Alter und die jahrzehntelange Karriere, die hinter ihr liegt - eine respektable Leistung ab. Dennoch habe ich mich beim Abhören der CD's ein paarmal erschrocken. Man rechnet bei der Gruberovà einfach nicht damit, dass hohe Töne zu tief intoniert werden, dass sich ein Vibrato eingeschlichen hat, wenn sie zu viel Druck auf die Stimmbänder gibt, dass tatsächlich ein paar hässliche Kratzer zu vernehmen sind. Erst in der Schlussszene findet sie zur gewohnten Form. Bei "Ciel pietoso" klingt sie wie vor 20 Jahren, sie riskiert viel, und es gelingt alles. Unnachahmlich - unglaublich - geradezu erschütternd. Die abschließende Cabaletta "Or sei pago" ist dann allerdings das genaue Gegenteil. Hier ist die Stimme der Gruberovà einfach nicht wuchtig genug, vieles klingt mehr gewollt als gesungen, und die defizitäre Tiefenlage tritt überdeutlich hervor. Die 2. Strophe der Cabaletta ist fast bis zur Unkenntlichkeit verziert. Das nützt der Sängerin, die ihre Fertigkeiten noch einmal zur Schau stellen kann, es schadet aber der "Straniera". Gekrönt wird die Cabaletta von einem drahtigen Schlusston, der zwar richtig intoniert ist, die Qualität früherer Jahre aber schmerzlich vermissen lässt. Insgesamt eine Aufnahme, die ich mit Einschränkungen empfehlen würde. Als Alternative kommt mir der Live-Mitschnitt aus Triest anfangs der 90-er Jahre mit Lucia Aliberti in der Titelrolle in den Sinn - leider bei jpc derzeit nicht im Angebot...