4 von 5
jommelli
Top 50 Rezensent
02. September 2019
Gesamteindruck:
4,0 von 5
Künstlerische Qualität:
4,0 von 5
Repertoirewert:
5,0 von 5
Ein Feuerwerk an Einfällen
Leopold Mozarts böses Verdikt einer „dummen welschen Kinderey“ mag auf die 2016 (ebenfalls bei DHM unter Werner Erhardt) veröffentlichte „Scuola di Gelosi“ zutreffen, nicht aber auf die vorliegende Oper des erst 21-jährigen Salieri, die völlig zu Recht seine internationale Karriere begründete. Der junge, aber keineswegs unerfahrene und mit drei Opern in Wien schon lokal hervorgetretene Komponist brennt hier ein wahres Feuerwerk von raffinierten, unterhaltsamen und virtuosen musikalischen Einfällen ab, wobei auch das herrlich überdrehte, witzige Libretto einem Menschen des 21. Jahrhunderts Spaß machen kann. An vielen Stellen wird einem wieder einmal klar, wie wichtig Salieri als Vorbild Mozarts war und wie viele gute Ideen er als Erster hatte.
Anders als 2016 steht W. Erhardt bei dieser Kompilation mehrerer Livemitschnitte ein ausgezeichnetes Sängerensemble zur Verfügung, wobei Dilyara Idrisova mit makellosem Koloratursopran in der an der erhabenen Klangsprache der Opera seria orientierten Rolle der Calloandra als prima inter pares herausragt. Extrem unglücklich bin ich schon wieder mit dem Mann am Hammerklavier, der jedes Rezitativ mit viel zu langen, pseudovirtuosen Ein- und Überleitungen zum Miniaturklavierkonzert zu verwandeln versucht, was auf Dauer nicht zu ertragen ist. Offenbar ist Herrn Massimiliano Toni nicht klar, was Recitativo secco bedeutet, nämlich ein „trockener“, unspektakulärer Dienst am Wort und kein eitles Getrillere und Arpeggiobrausen. Daumen nach unten für diese Geschmacklosigkeit, die man schon vor Jahren überwunden zu haben glaubte und die der Dirigent nicht hätte dulden sollen.
Das Orchester spielt akkurat und beherzt, aber nicht immer delikat, manchmal wäre ein etwas weniger ruppiger Zugriff passender gewesen. Zu loben sind die beiden Beihefte mit vollständigem Libretto und Übersetzungen auf Deutsch und Englisch. Leider sind die Texte wieder wie 2016 ohne Tracknummern abgedruckt bzw. die Tracks haben keine Seitenzahlenvermerke, so dass es nahezu unmöglich ist, ein bestimmtes Stück rasch aufzufinden. Warum eine so renommierte Firma wie die DHM hier zum wiederholten Male derart schlampt, bleibt mir unerklärlich.
Insgesamt vervollständigt diese hörenswerte Aufnahme aber das immer noch recht rudimentäre Salieribild um einen weiteren wichtigen Mosaikstein und kann zum Kauf empfohlen werden.