5 von 5
JAW-Records
Top 50 Rezensent
24. Juni 2021
Gesamteindruck:
5,0 von 5
Künstlerische Qualität:
5,0 von 5
Repertoirewert:
5,0 von 5
Sonys Digitalisierungen ...
... könnte sich Warner und man andere der großen Labels zum Vorbild nehmen. Da wurde die letzten Jahre - ja: Jahrzehnte sehr gut gearbeitet. Ebenso auch hier bei der Juilliard Box mit deren frühen Aufnahmen von 1949 bis 1956. Minimale Digitalisierungsartefakt sind selten zu hören. Mal im ppp ein etwas in den Höhen "zusammengefallener" Klang, mal (wie z.B. in Schönergs Streichquartett Nr.1 im 3.Satz bei Min 7:10-7:35 oder im 4.Satz bei Min 8:50) in einem hohen Frequenzband oder bei Geräuschhaftem in den musikalischen Spielanweisungen (es gibt hier ja viel neuere Musik!) kleine unnatürliche Farbveränderungen. das ist aber m.E. angesichts der Klangschönheit, Fülle und zudem hohen Störungsfreiheit der Transfers geschenkt ...
Die Kammermusikaufnahmen des Labels Columbia klangen in der Nachkriegszeit (ebenso wie bei RCA) tatsächlich auch von der Lokalität her nach "Kammer". Ich persönlich mag das ziemlich trockene Klangbild, weil es a) die Durchsichtigkeit der gespielten Werke unterstützt und auch die direkte Energie, z.B. bei Kraftentfaltung und auch klangliche Intensität direkt ins Wohnzimmer bringt. Dem oft gebrachten Gegenargument, dass in trockener Akustik kein guter Gesamt- oder Mischklang entstehen kann, möchte ich (im Falle von Streichquartett) widersprechen. Klangbalance und Farbabstufungen stellen ein gutes Ensemble in jeglichem Raum selbst her. Klar - mit eine stärkeren Raumakustik lässt sich natürlich auch mehr schummeln...
Das Alter der Aufnahme ist für den geübten Hörer natürlich wahrnehmbar, aber dadurch wird das Hören nicht beeinträchtigt.
Das Juilliard Quartet spielte nie inspirierter, klangschöner und stimmig beseelter als in dessen Erstbesetzung (die später ja immer wieder gewechselt hat): Robert Mann, Robert Koff, Raphael Hillyer und Arthur Winograd. Alle Aufnahmen (außer Bergsma vom Februar 1956 mit dem Cellisten Claus Adam) sind in dieser Formation zu hören.
Es gibt außer den "Klassikern" (Mozart Str.Qu. 20+21 - als einzige nicht neuere Musik!), Schönberg (im zweiten Quartet mit der hervorragenden Sopranistin Uta Graf), Berg, Webern und Bartok so viel zu entdecken oder neu zu hören:
Copland, Kohs, Schuman, Fine, Mennin, Imbrie, Thomson, Haieff, Barber und Bergsma.
Dankenswerterweise sind auch die nicht vom Juilliard Quartet bestrittenen anderen Werke von Schallplattenkoppelungen (fast alle aus der Serie "Modern American Music Series") vorhanden: Darius Milhaud spielt selbst seinen Klavierzyklus "La Muse ménagère" und Beveridge Webster spielt William Schumans Zyklus "Voyage", es gibt das "Concerto a tre" von Ingolf Dahl, das erste Streichquartett von Leon Kirchner und das erste Streichquartett von Lukas Foss mit dem herausragenden American Art Quartet, Samuel Barbers "Hermit Songs" mit Leontyne Price.
Die Gestaltung der Box ist wie immer geschmackvoll, das Textheft hat einen seriösen Einführungstext (4,5 Seiten, wie immer auch auf Deutsch), Vor- und Rückseiten der Cover sind Abdrucke der originalen LP-Ausgaben, die CDs sind im Stil der alten Labelbedruckungen gehalten.
Ich kann dieser Produktion in allen Punkten nur höchste Bewertungen geben und sie jedem empfehlen, der in neuere Musik eintauchen und das Herz der Stücke entdecken möchte.