5 von 5
jommelli
Top 50 Rezensent
26. Januar 2017
Gesamteindruck:
5,0 von 5
Künstlerische Qualität:
5,0 von 5
Repertoirewert:
5,0 von 5
Ein Meisterwerk!
Mondonvilles "Pastorale heroique" aus dem Jahr 1742 lädt zu einem direkten Vergleich mit den in etwa zeitgleich entstandenen Opern des heute viel bekannteren Rameau ein. Damals waren beide Komponisten gleichermaßen berühmt, doch kennt man den jüngeren Mondonville heute fast nur noch in Spezialistenkreisen. Diese Aufnahme könnte das ändern, denn bei Isbé handelt es sich um nichts weniger als ein Meisterwerk! Besonders die bei Rameau oft langatmigen und spröden Rezitative werden hier zu motivisch durchgestalteten und meist vom Orchester begleiteten Szenen ausgebaut, die Glucks Opernreform schon um 20 Jahre vorwegzunehmen scheinen. Im Instrumentalbereich mutet Mondonville, der selbst ein virtuoser Geiger war, seinen Streichern die abenteuerlichsten, stark von Vivaldi inspirierten Passagen zu. Einige Nummern sind überraschenderweise als strenge, komplexe und virtuose Fugen gebaut, wie man sie in dieser Zeit in Frankreich nur selten findet, was das kompositorische Niveau der Oper auf die denkbar höchste Ebene hebt. Auch bei Arien, Chören und Tänzen erweist sich der 1711 geborene Meister als ein Rameau in jeder Hinsicht ebenbürtiger Kollege, der französischen und italienischen Geschmack zu einem hochindividuellen Personalstil zu verschmelzen vermochte. Das wundervoll melancholisch schwingende Schlussensemble der Oper hat sogar das Zeug zu einem echten Ohrwurm!
Die bis auf eine unbedeutende Ausnahme bestens disponierten Solisten, ein schlank agierender Chor und das vorzügliche ungarische Originalklangensemble unter G. Vashegyi tragen mit ihrer temperamentvollen und klangschönen Interpretation ganz maßgeblich zu dem überaus positiven Gesamteindruck dieser Produktion bei. Klare Kaufempfehlung für alle Freunde alter Musik!