5 von 5
Fanny
18. Juni 2022
Gesamteindruck:
5,0 von 5
Künstlerische Qualität:
5,0 von 5
Repertoirewert:
5,0 von 5
Eine Inselplatte
Was für eine Produktion! Auf der Suche nach Kompositionen für Violoncello durchforstet die Ausnahme-Cellistin ein 700 Seiten umfassendes Literaturverzeichnis von Kompositionen speziell für dieses Instrument. Geleitet wird sie dabei durch ihre Verbundenheit mit Rossini, dessen Opern sie schon als Kind in München „verfallen“ war. Es entsteht eine Auswahl von zarten Liedern (Titel 1 – 5 und 9, wunderbar arrangiert von dem mitwirkenden Pianisten Julian Riem) bis zu spannenden Variationen des mir völlig unbekannten tschechischen Komponisten Bohuslav Martinu. Raphaela Gromes findet in der Sammlung auch den Hinweis auf eine „Hommage an Rossini“ von Jaques Offenbach, doch deren Originalpartitur wurde beim Einsturz des Kölner Stadtarchivs vernichtet. In einer intensiven Suche, die zwei Jahre dauern sollte, gelingt es ihr, die Komposition zu rekonstruieren. Schon allein dies ist eine Meisterleistung und aller Ehren wert. Die CD enthält somit die erstmalige Wiederaufführung dieser wunderbaren Komposition von 1845, für mich das Highlight diese CD. Das Zusammenspiel von Orchester und Cello ist ein Traum. Wie es einerseits Teil des Orchester ist und sich dann als Soloinstrument herauslöst (u. a. in der Arie „Non piu mesta“). Wie es von Raphaela Gromes als Singstimme gespielt wird in einer Art und Weise, für die sie sich eingehend mit Sängerinnen über die Technik des Belcanto ausgetauscht hat. Auch die Duette mit Klavier sind von einer Intimität, die mich berühren. Darüber hinaus zeigt die Aufnahmetechnik eine Auflösung und Brillanz, die nicht oft zu hören ist – von einem Rundfunkhaus vielleicht erwartbar, dennoch selten genug. Will man in ihren Genuss kommen, stellt es entsprechende Anforderungen an die Musikwiedergabe. Für Audiophile ist die Aufnahme also eine Bereicherung. Sogar das Foto des gesamten Funkhausorchesters ist von höchster Qualität. Es zeigt nicht nur sämtliche Musiker, sondern dies auch in einer Klarheit und – fotografisch gesehen – Schärfe, dass es ein Vergnügen ist und sich jeder damit geehrt fühlen darf. Dazu passt, dass alle mit Namen genannt werden. Die vielen Informationen hier in der Rezession stammen dem hervorragenden Text des Begleit-Booklets von Verena Joos. Doch über allem steht das virtuose Spiel von Raphaela Gromes. Auch hier erscheint das Titelbild als Teil des Konzeptes: Man sieht ihr an, wie sehr sie ihr Instrument liebt und es genauso spielt.