5 von 5
montesacro
03. November 2020
Gesamteindruck:
5,0 von 5
Künstlerische Qualität:
5,0 von 5
Repertoirewert:
5,0 von 5
Bekanntes und unbekanntes aus Fritz Reiners Repertoire mit einem brillianten Orchester
Von den in dieser Box veröffentlichten Aufnahmen kannte ich bisher nur Bachs Orchestersuite und Beethovens zweite Symphonie. Reiners Einspielung der letzteren galt schon immer als eine der besten Interpretationen dieses Werks, nicht nur Dank der Dynamik, welche das Orchester in den Ecksätzen entwickelt sondern vor allem auch wegen den wunderbar ausgearbeiteten lyrischen Holzbläserpassagen (Oboe !) im zweiten Satz.
Gewiss war Reiner als Orchestererzieher berühmtberüchtigt und man durfte erwarten, dass die absolute Kontrolle über das Orchester sich insbesondere in den Werken bemerkbar machte, die rhytmische Präzision verlangen.
Das trifft in der Tat zu, und man darf gerade in den Werken seiner ungarischen Landsleute Bartok, Kodaly und Weiner entdecken, wie schnell und genau das Orchester in den Tänzen ansetzt. Gerade Kodalys Tänze aus Galantha und Leo Weiners erstes Divertimento sind wunderbare Entdeckungen.
Es sind aber auch die langsameren Sätze, die in den Werken der romantischen und postromantischen Epoche besonders schön herausgearbeitet wurden; als Beispiel zu nennen seien Brahms erstes Klavierkonzert und Schostakowitschs sechste Sinfonie, die mir Reiner hier besser zugänglich macht als die Interpretationen, die ich schon kannte.
Gerade in diesen Aufnahmen empfinde ich es als geringfügiges Manko, dass es sich durchweg um Mono-Einspielungen handelt.
Eine weitere Entdeckung sind für mich die Brandenburgischen Konzerte, die gewiss in verkleinerter Besetzung gespielt werden.
Hier wird einem kein romantischer Orchesterbrei bereitet sondern fein ausgearbeitetes Spielen eines Ensembles mit "modernen" Instrumenten. Anders, und weniger günstig, fällt mein Urteil über Bachs Orchestersuite aus, die in grösserer Besetzung gespielt wird.
In seinen Wagner-Einspielung aus Pittsburgh erreicht Reiner einen kompakten Klang, sicher begünstigt durch die eher trockene Akustik. Ebenso schön sind die Mahler-Ochesterlieder, auch Dank der Solistin. Ähnliches gilt auch für die Strauss-Einspielungen, die aber von den späteren Stereo-Aufnahmen aus Chicago übertrumpft werden.
Natürlich ist die Konkurrenz gross, die sich Reiner selbst mit seinen brillianten RCA-Einspielungen mit dem CSO machte.
Was die Strauss-Walzer und Brahms Ungarische Tänze angeht, würde ich die neueren Aufnahmen kar bevorzugen, weil sie auch entspannter wirken und das Klangbild einfach enorm gut ist.
Abstriche würde ich lediglich bei Debussy und bei den Mozart-Symphonien machen; vor allem bei den letzteren sagen mir die Interpretationen von Reiners Zeitgenossen Klemperer, Walter und Szell (so unterschiedlich diese auch sein mögen) deutlich mehr zu.
Insgesamt enhält diese Zusammenstellung der Aufnahmen aus Pittsburgh Schätze, die uns bisher nicht zugänglich waren und die ich auch nicht mehr missen möchte.
Daher würde ich die Box ohne Zögern denjeningen empfehlen, die sich für historische Aufnahmen interessieren.
Der Klang ist für die Epoche durchweg gut.