4 von 5
Basso Continuo
17. November 2014
Gesamteindruck:
4,0 von 5
Künstlerische Qualität:
4,0 von 5
Repertoirewert:
5,0 von 5
Einfach gut bis sehr gut...
Was so speziell ist an Antonin Dvoraks Musik ist die Verbundenheit mit der Kultur und Traditionen seiner Heimat. Seine Musik klingt unverkennbar Tschechisch. Keine Bearbeitung der Volksmusik, sondern von der Musik seiner Heimat inspiriert: thematisch, lyrisch, rhytmisch und wesentlich. Mann konnte sagen er habe seine Heimat eine erkennbare Stimme gegeben.
Es ist wichtig das mann bei der Interpretation seiner Werke diese Einzigartigkeit vernehmlich macht. Bisher gibt es auf Tonträger in bezug auf die Einspielungen der 9 Symphonien ein Paar erfolgreiche Versuche: die Aufnahmen Istvan Kertesz’ mit dem London Symphony Orchestra (Decca,1963-1966) und Rafael Kubeliks mit den Berliner Philharmonikern (DGG,1966-1973) gelten noch immer als Referenz. Daneben gibt es auch noch sehr gute Einspielungen der sämtlichen Symphonien von Witold Rowiczki, Vaclav Neumann (zwei!), Otmar Suitner...
Warum denn brauchen wir eine neue Aufnahme der 9 Symphonien ? Eigentlich nur weil die Aufnahmen unter Kertesz, obwohl noch immer gut, klangtechnisch doch nicht mehr zeitgemäss sind und die unter Kubelik auf LP besser waren und auf CD remastered werden sollen. Auch weil bei Kertesz die 2. und die 5. Symphonie und bei Kubelik die 4. und 5. auf zwei CD’s verteilt wurden.
Decca hat in dieser neuen Ausgabe die Symphonien mit den Konzerte gepaart: die drei frühen Symphonien beziehungsweise mit dem Cello-, Violin- und Klavierkonzert auf die erste drei CD’s und die 4. und 5., 6. und 7., 8.und 9. auf die letzte drei CD’s.
Die im Prager Rudolphinum 2012-2013 hergestellte Aufnahmen entsprechen den sprichwörtlichen hohen Niveau den man von Decca gewohnt ist: transparent, warm, scharf definiert und balanciert.
Jiri Belohlavek dirigiert Dvoraks Symphonien spürbar von einer Gesamtkonzeption aus. Die frühen Symphonien erhalten ebenso viel liebevolle Sorge als die mittleren und späte. Und das lohnt sich weil die erste vier nicht nur interessant sondern häufig überraschend sind. In der fünfte, sechste und siebente Symphonien erreicht der Zyklus sein Höhepunkt: ebenmässig aufgebaute sätze mit ausgewogen lyrische phrasierungen, rhytmisch aufregende Scherzos und überzeugend formulierte Finales. Die achte und neunte Symphonie werden mit eben soviel Sorge und Aufwand ausgeführt, aber meiner Meinung nach fehlt der Blitz des Geistes hier.
Die Tschechische Philharmonie ist ein ausgezeichnetes Orchester und die Musiker spielen Dvoraks Musik mit liebe und voller Hingabe.
Als Zugabe bekommt man mit dieser Neueinspielung auch Dvoraks Konzerte. Das Cellokonzert mit Alisa Weilerstein ist sehr reizend dank das leidenschaftlich spielende Orchester und die ebenso passionierte Cellistin die aber mit viel Tremolo ihr Instrument spielt. Für mich bleibt Mstislav Rostropovitch (mit den Berliner Philharmonikern unter Herbert von Karajan - DGG) die Referenz. Das von Garrick Ohlsson gespielte Klavierkonzert ist mehr langweilig als überzeugend und kann z.B. die Einspielung von Sviatoslav Richter mit dem Orchester des Bayrischen Rundfunks unter Carlos Kleiber (EMI) nicht vergessen lassen. Die grosse Überraschung ist das von Frank Peter Zimmermann mit noblesse gespielte Violinkonzert: eine Einspielung die endlich den Zuhörer überzeugt das Dvoraks Violinkonzert zu den grossen Violinkonzerte gehört.
Also einen interessanten Box mit gute bis sehr gute Aufführungen der Neun Symphonien Dvoraks. Aber keine neue Referenz! Persönlich stelle ich noch immer Vaclav Neumanns Einspielungen der Symphonien (Supraphon) über alle andere.