4 von 5
gemi:re
Top 25 Rezensent
05. April 2018
Gesamteindruck:
4,0 von 5
Künstlerische Qualität:
4,0 von 5
Repertoirewert:
3,0 von 5
Bach Monument
Bei aller musikalischen Grösse ist Bachs h-moll Messe nicht Beethovens Missa Solemnis, wenn auch manche das (zum) Glauben machen wollen.
Bach ist musikalisch wie stilistisch andrer Natur, andrer Zeit. Klemperers Bach jedoch klingt Beethoven nicht unähnlich, seine Aufnahmen derer Messen hört sich ausdruckshalber nicht weit entfernt voneinander an.
Wenn bei Beethoven intentional eine individuell-bekenntnishafte Monumentalität seine Werke teilweise auch prägt, ist solche Haltung bei Bach unangebracht und nicht nur musikologisch schlichtweg falsch.
Diesbezüglich lohnt auch ein Vergleich der von Klemperer aufgezeichneten Brandenburgischen Konzerte mit seinem Beethoven-Zyklus.
Beethovens bekenntnishaft-diesseitiges 'Von Herzen zu Herzen' seiner Messe an die Menschheit war dem gläubigen Bach, eher gottnah, sicherlich fremd.
Und musikalisch-spielerische Bachnähe zeigen jedenfalls Aufnahmen von historisch informierter Aufführungspraxis mit entsprechend flexibler, weniger starrer Musizierhaltung, dabei ist auch die rein numerische Grösse der Ensembles weniger relevant.
Bei Klemperer klingen fünfzig Choristen eben anders als dann bei Harnoncourt oder Koopman, wie all die div. Solisten und Chöre der neueren Alte-Musik-Consortien.
Dennoch sind diese späten Legge-Philharmonia-Aufnahmen der Bachschen Chorwerke, Messe und Matthäus-Passion, auch im Vergleich zu Klemperers früheren Dirigaten, künstlerisch ebenso fragwürdig wie höchst eindrucksvoll, primär wegen der insgesamt höchsten vokalen und hohen intrumentalen Qualitäten und seiner durchweg im Tempo verhaltenen und ausdrucksbetont klaren Durchführung seiner großformatigen Intentionen.
Insofern ein Bach fragwürdigen singulären Rangs.
Klemperers musikalischer Kompass war doch mehr am klassisch-romantischen Repertoire orientiert, an Beethoven und seinen Nachfahren Brahms, Bruckner, Mahler ff., die er meist auch eher zu streng gezeichnet, jedoch wie das Brahms Requiem adäquat dimensioniert geformt hat.