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Anonym
11. Oktober 2016
Gesamteindruck:
5,0 von 5
Künstlerische Qualität:
5,0 von 5
Repertoirewert:
5,0 von 5
Das schönste TE DEUM des 20. Jahrhunderts
Im Leben und im Werk von Walter Braunfels spielt sein großes TE DEUM eine Schlüsselrolle.
Es ist stärkster Ausdruck seiner Konversion zum Katholizismus im Ersten Weltkrieg und es wurde - neben seiner Oper DIE VÖGEL - sein erfolgreichstes und populärstes Werk.
Diese Aufnahme ist ein Ereignis, denn sie ist der Mitschnitt des Festkonzerts zu Braunfels' 70.Geburtstag 1952 unter der Leitung seines Schülers und Freundes Günter Wand - also eine in jeder Hinsicht authentische Referenzaufnahne.
Dies kompensiert die zeitbedingten technischen Grenzen der Aufnahmetechnik.
Unter der souveränen Stabführung des später weltberühmten Brucknerdirigenten Wand überstrahlt der herrliche Sopran der jungen Leonie Rysanek ganz hinreissend die heftigsten Orchesterwogen der glühenden Bekennermusik von Braunfels.
Das fast einstündige Oratorium
übertrifft sogar das - viel kürzere - Te Deum von Bruckner an Wucht und Melodienreichtum.
Vor allem die beiden letzten Teile - Aeterna fac und Dignare Domine - sind von einer Schönheit, die in dieser Zeit - außer bei Puccini und Strauss - kaum noch möglich schien.
Das TE DEUM von Braunfels wurde nach der triumphalen Kölner Uraufführung 1922 über hundert mal aufgeführt - bis 1933. Dabei war Hitler von Braunfels' Musik so begeistert, dass er Braunfels 1923 um die Hymne der Nationalsozialistischen Bewegung zum Marsch auf die Münchner Feldherrnhalle bat - was der empört ablehnte. ("Dieser Mephisto kommt uns nie mehr ins Haus!" soll Braunfels' Frau gesagt haben.)
10 Jahre später wurde der konvertierte "Halbjude" Braunfels aus seinem Amt als Direktor der Kölner Musikhochschule verbannt, wohin Adenauer ihn 1925 als Gründungsrektor berufen hatte...
Nach der auf dieser CD dokumentierten wunderbaren historischen Aufführung wurde das TE DEUM wieder für Jahrzehnte vergessen...
Seit einigen Jahren wird Braunfels' bewegendstes Werk wieder häufiger aufgeführt - die Qualität der Aufführung von Günter Wand wurde aber nie mehr erreicht.