5 von 5
Anonym
18. Januar 2014
Gesamteindruck:
5,0 von 5
Künstlerische Qualität:
5,0 von 5
Repertoirewert:
4,0 von 5
Barockes Schatzkästchen
Diese CD war eine Zufallsentdeckung für mich und ist – wie sich herausgestellt hat – ein großer Glücksfall! Die Zusammenstellung der Violinsonaten ist wie ein Spaziergang durch die schönsten kulturellen Zentren des barocken Europa: Von Italien über Deutschland, Frankreich bis nach England spannt sich der Bogen und zeigt, dass die Violinsonate eine beliebte und gängige Form der Kammermusik ihrer Zeit war und durchaus von Künstlern und Königen gleichermaßen geschätzt wurde. Johannes Pramsohler nimmt sich dieser Literatur ernsthaft und verspielt, virtuos und doch nie verkünstelt an. Mit Philippe Grisvard hat er einen kongenialen Begleiter, ja Duettpartner gefunden: Man spielt zusammen, atmet zusammen und wirft sich die musikalische Bälle gegenseitig zu. Ein Konzertieren im besten und ursprünglichsten Sinne. Als Zuhörer hat man das Glück, dennoch nie außen vor gelassen zu werden, sondern hat vielmehr die Möglichkeit, sich zusammen mit den Musikern auf eine kammermusikalische Reise zu begeben, die einige Perlen barocker Musik bereithält. Der direkte und warme Klang der Aufnahme lässt einen in den Salons der Fürstenhöfe Europas wähnen, ohne dass es jemals zu trocken klingt.
Abwechslungsreich gestalten die Musiker ihre Interpretationen und belohnen zum Schluss mit einem meiner Lieblingswerke, „La Follia“ von Henrico Albicastro. Dieses hochvirtuose Werk schließt sowohl dramaturgisch als auch musiktheoretisch den Bogen dieser CD. Der stark mit den Spanischen Niederlanden verbundene Komponist und Violinvirtuose aus dem süddeutschen Raum lässt die Virtuosenkunst seiner Zeit in einer, wie der Name schon sagt, „verrückten“ Violinsonate gipfeln, die ich selten so souverän und dennoch voller Herzblut und Feingefühl interpretiert gehört habe. Pramsohler schraubt sich scheinbar mühelos durch die verzwickten Läufe der Musik, ohne musikalische Bögen und Phrasierung außer Acht zu lassen und ohne jemals den warmen Klang seines natürlichen Spiels zu vernachlässigen. Man kann nicht anders, als Alles beiseite zu legen, mit den Musikern und der Musik zu atmen und sich an diesem kleinen Schatzkästchen der barocken Kammermusik zu erfreuen.
Ich bin schon gespannt auf den nächsten Wurf des jungen Labels Audax, und bis dahin sei jedem diese CD ans Herz gelegt!