5 von 5
Anonym
02. November 2013
Gesamteindruck:
5,0 von 5
Künstlerische Qualität:
5,0 von 5
Repertoirewert:
3,0 von 5
Wenn Herz und Verstand zusammentreffen
Rachmaninovs Konzerte spielen Viele: Große und weniger große Pianisten ... allen gemeinsam ist, dass sich jeder mehr oder weniger an diesen Konzerten abarbeitet, jeder seinen Furor und Frust in seine Interpretation einbringt ... und wohl nie ganz zufrieden mit dem Ergebnis ist. Und was von Künstlerseite zweifelhaft ist, überträgt sich auf den Hörer: Immer ist da immer wieder irgendwo ein Mangel, man driftet weg, wünscht sich eine Art "Schnellvorlauf", bis es wieder passt.
Nicht so in diesen Aufnahmen. V.L. und M.F. gelingt das schier nicht Glaubbare: Die perfekte Synthese all der Parameter, die diese Konzerte ausmachen: u.a. Bravour, überbordende Emotion, verzweifelter Lyrismus, formgeschichtlich reflektierte Intellektualität der konzertanten Gattungstradition, spezifische Klangfärbung der "russischen Schule". Lisitsa tut nichts hinzu, spielt exakt nach den Angaben der Partitur ... und zaubert damit das unabdingbare "Mehr", das diese Konzerte benötigen. Die völlige Abwesenheit von Attitüde und Anstrengung, die wundbar lebhaften, nicht verkitschten Tempi, die genau ausgeleuchtete Balance zwischen Orchester und Klavier machen diese Einspielungen zu einem Ausnahmeerlebnis.
Bleibt man bei anderen Einspielungen dieser Konzerte, auch der größten Pianisten, oft ein wenig ratlos zurück, "begreift" man hier sofort, um was es dem Komponisten ging. Die Künstler schaffen es, diese Konzerte "klar" zu machen, ihnen all das Zähe und Großhaberische zu nehmen, das so oft entsteht, wenn Rachmaninov als nur großer Vollender russisch-romantischer Tradition begriffen wird.
Wer Ohren hat, der höre ... und lasse sich nicht blenden durch die Stimmen, dass doch so ein Youtube-Star gar nicht in die erste Riege der Großen kommen kann. Lisitsa irritiert einfach all jene, die sich als Klassikhörer einer Bildungselite zugehörig wähnen. Namedropping-Freaks und althergebrachte und übernommene Beweihräucherer einer goldenen kulturreichen Vergangenheit tun sich schwer mit Künstler, die von außen kommen, nicht den traditionellen Weg von Chopin- & Co-Wettbewerben gegangen sind.
Habe Mut, dir dein eigenes Urteil zu bilden, habe Herz, deine Gefühle zuzulassen: Dann wird klar, was diese Einspielung so einmalig macht.