4 von 5
Musaion
Top 100 Rezensent
01. Juni 2021
Gesamteindruck:
4,0 von 5
Künstlerische Qualität:
4,0 von 5
Repertoirewert:
4,0 von 5
Schönes Album eines wichtigen Wagner-Tenors
Johan Botha gehörte seinerzeit zu den unterschätzten Tenören, denn während Domingo trotz deutlicher Ermüdungserscheinungen und weit jenseits seines Zenits immer noch eine Aufnahme nach der anderen einspielen durfte und dabei u. a. eine Reihe sinnloser Projekte im Wagner-Fach zustande kamen, und auch einige andere Tenöre ihren ebenso kometenhaften wie kurzfristigen Star-Status zugesprochen bekamen, rückte Johan Botha nur bei Kennern aus dem Schatten der (medialen) Aufmerksamkeit. Die Stimme ist gekennzeichnet durch ein sehr angenehmes Timbre mit einer gewissen samtigen Weichheit, die ihn besonders in lyrischen Partien und Passagen auszeichnet. Eine strahlende, mühelose Höhe mit squillo und eine sehr gute Technik ermöglichen ihm ein selten gelungenes Legato-Singen im Wagner-Fach. Recht gut ist auch die Artikulation - was heutzutage leider auch nicht mehr selbstverständlich ist.
Was manchmal etwas fehlt, das ist der letzte packende Zugriff, ein schmerzliches Leid im Ausdruck, sodass er zwar stimmlich, aber nicht darstellerisch zum Heldentenor prädestiniert ist. Nur Andreas Schager konnte in den letzten Jahren im Heldentenor-Fach an seine Leistungen anknüpfen und an Dramatik übertreffen.
Als Wagner-Tenor war er damals (und ist es bis heute) unersetzlich - man denke nur an seinen wunderbaren Stolzing. Es ist ein tenorales Trauerspiel, wenn man ihn hier oder im Mitschnitt unter Thielemann (2008) hört/sieht und dann mit Thielemanns aktueller Aufnahme mit Vogt als Stolzing vergleicht.
Wer sich an einer schönen Stimme und gut bis sehr gut gesungenen Arien erfreuen kann und mag, sollte hier zugreifen!