4 von 5
blackbird
Top 50 Rezensent
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Alter:
45 bis 54
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Geschlecht:
Männlich:
21. Januar 2016
Gesamteindruck:
4,0 von 5
Künstlerische Qualität:
4,0 von 5
Repertoirewert:
5,0 von 5
Dicht am Ideal - aber leider nur fast perfekt.....
Welches glückliche Händchen der unvergleichliche Georg Solti hatte, wenn es darum ging, eine erstklassige Equipe für Schallplattenaufzeichnungen zusammenzustellen, ist hinreichend bekannt. Im Falle des Londoner DON CARLO aus dem Jahr 1964 ist ihm in dieser Hinsicht im Wesentlichen erneut ein großer Wurf gelungen - mit kleinen Ausrutschern allerdings. Carlo Bergonzi war sicher ein idealer Don Carlo seiner Epoche, nicht so heroisch wie Corelli, dafür aber gefühlvoller und modulationsfähiger. Um den König Philipp II zu besetzen, hatte man in den 60er Jahren die Wahl zwischen Boris Christof, Cesare Siepi und Nicolai Ghiaurov. Solti hat sich für den jüngsten entschieden - keine schlechte Wahl. Ebenso sensationell ist die Besetzung seines Kontrahenten im Drama: Martti Talvela in der Rolle des Großinquisitors. Die Auseinandersetzung der beiden im 4. Akt gerät sehr eindrücklich. Renata Tebaldi ist zum Zeitpunkt der Aufnahme schon über ihre Glanzzeit hinaus. Ihre Stimme ist bereits verhärtet und wird in der Höhenlage sauer. Nur in der Mittellage verfügt sie noch über den berühmten "Tebaldi-Klang" und transportiert dann auch viel von der Wärme und der inneren Zerrissenheit der Elisabeth. Grace Bumbry singt sehr engagiert eine leidenschaftliche und höhensichere Eboli, und auch die kleineren Partien sind glänzend besetzt. Solti hat sich für eine italienische Version in 5 Akten entschieden - und leider auch für Fischer-Dieskau als Marquis von Posa, also für einen Sänger, der im italienischen Fach (außer bei Mozart) jede Aufnahme ruiniert hat (man höre Rigoletto, Macbeth, Tosca, La Traviata u.a.). Stilistisch und klanglich eine Katastrophe! Das hätte mit Bastianini oder Cappuccilli eine 5-Sterne-Aufnahme für die Ewigkeit werden können... So leider nur 4 Sterne, aber jedenfalls sehr hörenswert!