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gemi:re
Top 25 Rezensent
01. Februar 2012
Gesamteindruck:
5,0 von 5
Künstlerische Qualität:
5,0 von 5
Repertoirewert:
4,0 von 5
guldas mozart-vermächtnis
friedrich guldas mozart-aufnahmen sind eigentlich nicht umfangreich, zumindest für einen sog. mozart-spezialisten, als der er galt, und was seine offiziellen einspielungen anbelangt:
die grossen klavierkonzerte mitte der 70er aus wien mit abbado, die sonaten-fantasie-aufzeichnung von 1981 und die konzerte aus amsterdam '83-84 als reflex des unkonventionellen pianisten auf den mozart-neuerer und -rethoriker harnoncourt und als rundfunk-mitschnitt kv 271 mit böhm als beseeltes konzertieren aus münchen 1969. allesamt mozart-highlights.
die vorliegenden >complete mozart-tapes< sind insofern nicht offizielle dokumente, weil gulda die originale alle nach ihrer privaten erstellung von 1982 bis 1990 als stand der dinge seiner erneut er-
worbenen mozart-erarbeitung vernichten liess.
der verantwortliche toningenieur verwahrte aber sog. sicherheitskopien auf audiokassetten, die hier klangtechnisch überarbeitet und z.t. kompiliert-manipuliert vorliegen.
es sind z.t. auch nicht nur klanglich äusserst herbe, kantig-schroffe, allemal tieflotende und tiefsinnige interpretationen, die dem unbändigen gestalterischen geist mozarts wohl gerecht werden, zumal im vergleich zu all dem feinsinnigen mozart-geklimper, das heutzutage als sensibel-moderate klassische kunstfertigkeit a la la ff. gehandelt wird.
man hört frappiert, da wird man dem wiener gulda mit mozart nichts vormachen können.
die bonus-cd bietet raritäten von 1956 (unser dummer pöbel-variationen mit stupender technik) bis 1997 (adagio-kv 332 als clavinova-arrangement) und eine fantastische fantasie kv 397 live aus dem wiener musikverein 1978.
ungeschönte, letzte zeugnisse eines singulären musikalischen meister-pianisten, der uns ebenso formidable seinen bach, beethoven, schubert und auch chopin und debussy hinterlassen hat.