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Rainer Willamowski
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Alter:
55 bis 65
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Geschlecht:
Männlich:
04. März 2014
Gesamteindruck:
5,0 von 5
Künstlerische Qualität:
5,0 von 5
Repertoirewert:
5,0 von 5
Zeit gemässer Bruckner auf hohem künstlerischen Niveau
Wer sich eine Gesamtaufnahme der Bruckner-Sinfoien zulegen möchte, der hat reichlich Auswahl. Wahrscheinlich wird die erste Wahl nicht auf diese hier zu besprechende Aufnahme fallen, wenn man nicht sehr vertraut ist mit Bruckner und seinen Einspielungen auf Tonträgern. Aber diese Gesamteinspielung wurde bereits vielerorts hoch gelobt und das
zurecht. Bosch dirigiert einen von Weihrauch und schwerem Ballast entschlackten Bruckner. Er staffelt die Klangblöcke wunderbar. Details in den einzelnen Orchesterstimmen gehen nicht verloren. Alles bleibt transparent. Das sinfonieorchester Aachen spielt auf höchstem Niveau und braucht keinen Vergleich zu scheuen. Wo soviel positives zu berichten ist, bleibt für mich zumindest ein kleines Manko. Das ist die Aufnahmetechnik. Zwar ist das Klangbild voluminös mit sehr viel Räumlichkeit. Allerdings manchmal in den Tutti-Passagen mit unscharfen Konturen, manchmal etwas leicht verwaschen. Aber das ist-wie gesagt-nur ein kleines Manko.
Insbesondere hinweisen möchte ich noch auf die neunte Sinfonie, die hier nicht nur in der Orginalfassung vorliegt, sondern ergänzt wird durch
das in jahrzehnte langer intensiver Arbeit fertiggestellte Finale von Cohrs/Mazzuca/Phillips/Samale. Der Hörer, der nur die Originalfassung kennt, wird - wenn er das Finale zum ersten Mal hört - erschrocken oder überrascht sein, was ihm da für ein Bruckner "um die Ohren" gehauen wird, teilweise schroff und ungewohnt. Es braucht mehrmaliges Hören und danach kann man sich gar nicht mehr vorstellen, dass diese Sinfonie mit dem Adagio (3. Satz) zu Ende sein sollte. Erwähnen möchte ich auch noch, dass Bruckner dieses Finale zu etwa 60% fetiggestellt hatte und die fehlenden rd. 40% durch die oben gnannten Musikwissenschaftler in mühevoller Kleinarbeit rekonstruiert wurden.