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bluenote
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Alter:
55 bis 65
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Geschlecht:
Männlich:
26. November 2014
Lichtblick
Über Piketty's Kapital ist nun schon so viel geschrieben worden. Nicht sehr originell, sind es vor allem Anhänger der Chicago Schule (Friedman und Co.), die darüber lästern und es in der Luft zerreißen. Dabei hat Piketty in seinem Buch nicht mehr und nicht weniger geleistet, als auf der Grundlage einer ungeheuren Datenfülle (eine solche zu verarbeiten ist, btw, bekanntlich unter der Würde der Chicago Schule) zu belegen, nicht nur dass es Ungleichheit gibt (das wäre banal), sondern er belegt, dass die Dynamik des herrschenden Wirtschaftsmodells (sollte man sagen: Ideologie) zwingend zu immer mehr Ungleichheit führt. Und, wenig überraschend: es sind die USA, welche die Nation mit der am stärksten ausgeprägten Diskrepanz sind. Ein Umstand, der vehement von den Neoliberalen (Hayek, Friedman) bestritten wird. Die lächerliche These des „trickle down“ glaubt ohnehin keiner mehr. Handelt es sich doch um ein push up!
Das Kapital erfordert Aufmerksamkeit. Erst ab Kaptel 10, nach rund 500 Seiten hat Piketty das Feld soweit ausgerollt und bereitet, dass er eigene Thesen präsentiert. Der Leser ist gefordert, die Datenfülle über die gesamteZeit präsent zu halten, denn erst allmählich, wie bei einem großen Puzzle ergibt sich das Bild. Und es kommen noch gut 300 Seiten, die es in sich haben. Wer es sich hier zu einfach macht, verliert den Anschluß und handelt sich Probleme ein, der Thematik zu folgen. Piketty plädiert für eine Veränderung jetzt, da er befürchtet, dass die Fortführung des bestehenden Modells zu globalen Unruhen führen könnte. Wer die letzten Jahre aufmerksam beobachtet hat, ahnt, dass Piketty ähnlich wie andere Mahner (Krugman, Stiglitz, Otte, Vogl) Recht haben. Aber: Kassandra ist noch nie gehört worden. Das ist ihr Schicksal.
Das Kapital ist uneingeschränkt zu empfehlen.