Jan-Philipp Sendker: Risse in der Großen Mauer
Risse in der Großen Mauer
Buch
- Gesichter eines neuen China
- Originaltitel: Risse in der Großen Mauer
- Heyne, 04/2007
- Einband: Kartoniert / Broschiert
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 9783453620162
- Bestellnummer: 2352545
- Umfang: 239 Seiten
- Sonstiges: m. Übers.-Kte.
- Auflage: 3. Aufl.
- Copyright-Jahr: 2010
- Gewicht: 201 g
- Maße: 185 x 118 mm
- Stärke: 17 mm
- Erscheinungstermin: 15.4.2007
Beschreibung
In fast allen Bereichen ihres Lebens erfahren die 1, 3 Milliarden Chinesen fundamentale Veränderungen. Die Partei und die Behörden, die das Leben ihrer Untertanen bis in kleinste Details hinein kontrollierten, ziehen sich aus dem Alltag zurück. Die Menschen haben Freiheiten, von denen die Generationen zuvor nicht einmal zu träumen wagten. Die Planwirtschaft steht vor dem Ende, der Privatunternehmer, den man noch vor kurzer Zeit als "kapitalistischen Wegbereiter" ins Arbeitslager schickte, bildet heute das Rückgrat der Writschaft. In Ansätzen entsteht eine pluralistische Gesellschaft, wie es sie in der 5000-jährigen Geschichte dieses riesigen Reiches noch nie gab. In zwölf eindringlichen Porträts von Menschen aus ganz unterschiedlichen Schichten und Regionen zeigt uns Jan-Philipp Sendker das neue China. Er schildert eine Gesellschaft, die von außen gesehen weit stärker und stabiler wirkt als von innen, in der Widersprüche das einzig Konstante sind und die versucht, innerhalb weniger Jahrzehnte eine Entwicklung zu durchlaufen, für die der Westen sich Jahrhunderte Zeit nehmen konnte. Das Wort "Krise" wird im Chinesischen aus zwei Lauten gebildet, von denen der eine Gefahr, der andere Chance bedeutet. Die in diesem Buch geschilderten Menschen haben verstanden, dass es das eine nicht gibt ohne das andere.Klappentext
Mit welchen Schwierigkeiten kämpft ein katholischer Priester unter dem Kommunismus? Was erlebt ein Mädchen vom Lande als Wanderarbeiterin in der Großstadt? Wie sieht eine chinesische Prostituierte ihre Kunden und die Welt? Jan-Philipp Sendker hat im Land der Mitte hunderte von - unerlaubten - Interviews geführt und schildert eindringlich eine sich rasant wandelnde Gesellschaft, in der Widersprüche das einzig Konstante sind.>
Auszüge aus dem Buch
Vorwort zur NeuausgabeGut sieben Jahre sind seit dem Abschluss meiner Recherchen und der ersten Ausgabe der "Risse in der Großen Mauer" vergangen. Sieben Jahre, in denen ich das Land weiter bereist habe und bei jedem Besuch aufs Neue erleben durfte, wie schnell und dramatisch es sich verändert. Die Wirtschaft wächst jährlich um rund zehn Prozent, als gäbe es keine Grenzen des Wachstums. China ist, hinter Amerika und Deutschland, zur größten Handelsnation der Welt aufgestiegen. Im August 2008 finden in Peking die Olympischen Sommerspiele statt, das Land öffnet sich, wirtschaftlich, politisch, gesellschaftlich, die Risse in der Großen Mauer nehmen mit jedem Jahr zu. Umso erstaunter stellte ich bei der erneuten Lektüre meines Buches fest, wie wenig es von seiner Aktualität eingebüßt hat, abgesehen natürlich von den Wirtschaftsdaten. Zahlen und Statistiken müssen im rasant wachsenden China so schnell nach oben revidiert werden, dass selbst die Artikel in den Wirtschaftsteilen der Tageszeitungen bereits kurz nach ihrem Erscheinen schon wieder veraltet sind.
Aber das Thema dieses Buches ist nicht die wirtschaftliche Analyse, es ist das Leben hinter den glitzernden Fassaden der imposanten Neubauten, es sind die Veränderungen, die in Zahlen nicht messbar sind, die Schwierigkeiten, mit denen das Reich der Mitte und seine Bewohner bei ihrem Aufstieg zur Großmacht kämpfen müssen. Diese Probleme haben sich in den vergangenen Jahren nicht grundsätzlich verändert, sondern nur verschärft. Trotz des beeindruckenden Wirtschaftswachstums bleibt China auch heute ein Land, das von außen stärker und gefestigter wirkt als von innen, eine Gesellschaft, in der Widersprüche das einzig Konstante sind. Davon erzählen die exemplarischen Lebensläufe in diesem Buch und sie haben nichts von ihrer Gültigkeit verloren.
Die in mehreren Kapiteln beschriebene Kluft zwischen Arm und Reich ist in den vergangenen Jahren nicht geschrumpft, sondern eher erheblich größer geworden. Der Aufbau eines unabhängigen Rechtswesens gestaltet sich auch heute noch, trotz aller Fortschritte, so schwierig und widersprüchlich, wie es der Rechtsanwalt Wu Ming im ersten Kapitel erlebt. Die Bedeutung der Religion hat weiter zugenommen, aus denselben Gründen, die uns der katholische Priester Gregorie im vierten Abschnitt erklärt. Die Zerstörung der Umwelt ist inzwischen eines der größten Probleme des Landes; vom Beginn des mühsamen Kampfes gegen die Verschmutzung berichtet der Umweltschützer Yang Xin im neunten Kapitel.
China ist nach wie vor eine Nation auf der Suche nach ihrer Seele, nach ihrer Identität und ihrem Platz in der Welt. Das Reich der Mitte ist nicht länger das Zentrum des Universums, aber was ist es dann? Welche Gewissheiten, welche Werte und Normen haben ihre Gültigkeit behalten und welche nicht? Was tritt an ihre Stelle? Was für eine Art von Gesellschaft soll entstehen, nachdem das sozialistische Modell gescheitert ist?
Die zwölf Menschen, die ich in diesem Buch porträtiere, haben uns mitgenommen auf ihrer Suche nach Antworten auf diese Fragen und ich hoffe, dass die Schilderungen ihrer Biografien ein wenig zum Verständnis des historischen Wandels beitragen, der sich vor unseren Augen in China vollzieht.
Berlin, im Januar 2007
Es gibt für einen Journalisten kaum ein faszinierenderes Land als China. Es ist fremd und exotisch und ein Fest für die Sinne. Es steckt voller Geheimnisse, voller unbekannter Geschichten und Menschen, die nach jahrzehntelangem Schweigen bereit sind, sie zu erzählen.
Es gibt für einen Journalisten kaum ein schwierigeres Land als China. Entdecken kann er es nur unter staatlicher Aufsicht und Kontrolle. Die chinesische Regierung sieht in jedem ausländischen Journalisten nach wie vor einen potentiellen Spion, der überwacht und kontrolliert werden muss. Wer nach China kommt, um eine Geschichte zu recherchieren, benötigt ein Journalistenvisum. Er muss seine Reise vorher anmelden, di
Biografie
Der Journalist Jan-Philipp Sendker, 1960 in Hamburg geboren, war von 1990 bis 1995 Amerika-Korrespondent und von 1995 bis 1999 Asien-Korrespondent des "Stern". Er lebt mit seiner Familie in New York und Hamburg.Anmerkungen:
Bitte beachten Sie, dass auch wir der Preisbindung unterliegen und kurzfristige Preiserhöhungen oder -senkungen an Sie weitergeben müssen.