Jean Amery: Weiterleben, aber wie?
Weiterleben, aber wie?
Buch
- Essays 1968-1978. Hrsg. u. Nachw. v. Gisela Lindemann
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- Klett-Cotta
- Einband: Fester Einband, LEINEN
- ISBN-13: 9783608950755
- Umfang: 317 Seiten
- Copyright-Jahr: 1982
- Gewicht: 426 g
- Maße: 208 x 136 mm
- Stärke: 28 mm
- Erscheinungstermin: 15.7.2017
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Kurzbeschreibung
Alle Aufsätze dokumentieren einen (zuletzt todes-)mutigen Impetus, "den Kopf oben hinauszustecken in die zugige Luft des Nonkonformismus zugunsten unbeirrbaren Denkens und Weiterdenkens, wo nicht auf eigene Faust, da unter Berufung auf Gewährsmänner, die ihren Schreiber zu überzeugen vermochten oder herausforderten zum Widerspruch. Diesem Kopf hat das Streiten Spaß gemacht", stellt Gisela Lindemann im Nachwort fest.Klappentext
Versammelt werden in diesem Nachlassband Aufsätze, Reden und Radioessays aus Amérys letztem Lebensjahrzehnt. In zweijähriger KZ-Haft hatte er das Urvertrauen in das Menschliche und die Menschlichkeit der Menschen nahezu verloren und erhob aus einer bescheidenen Brüsseler Wohnung seine Stimme.Bei Klett-Cotta ist auch die Gesamtausgabe von Jean Améry erschienen.
Auszüge aus dem Buch
Jean AméryWeiterleben aber wie?
In Träumen gibt es manchmal so etwas: Man befindet sich in einem fremden Land. Die Sprache der Bewohner ist ebenso unverständlich wie ihre Sitten. Wie immer man es anstellt, es geht schlecht aus. Jedes gesprochene Wort, jegliche getane Handlung löst unerwartete, unbegreifliche und darum gefährliche Reaktionen aus. Man fühlt dumpf und unter Stöhnen, daß man so unmöglich weiterleben kann und erwacht. Es war ein Albtraum, gottseidank. Wir sind nicht aus solchem Stoff wie dem zu Träumen. Es verlangt uns nach Wachheit und einer Sicherhheit, die wenig zu schaffen hat mit spießbürgerlicher Sekurität. Das Wachsein ist nur die Voraussetzung eines sich Sicherfühlens, welches seinerseits reduziert werden kann auf das Bewußtsein, daß es uns möglich ist, Voraussagen zu treffen. Die Zukunft, eigentliche Dimension des Humanen, muß erschaubar sein, und sei es auch nur in vagen Konturen, wenn wir bestehen wollen: annähernde Gewißheit der Voraussage ist das absolut prioritäre Erfordernis unserer Existenz im Alltag und ist der Sinn einer jeden wissenschaftlichen Erkenntnis.
Die Frage "Weiterleben aber wie?" ist darum keine von dieser Epoche uns gestellte. Sie ist die Grundfrage unseres Daseins; und das Orakel ist archetypisches Symbol. Wenn nun freilich das Verlangen nach dem Blick ins dämmrig-verhängte Zukunftsland auch nicht spezifische Sache unserer Zeit ist, so kann man doch nicht leugnen, daß es heute sowohl dringlicher sich einstellt als auch legitimer auftritt denn je zuvor. Was längst nur noch Binsenwahrheit ist, muß gleichwohl ausgesprochen werden [...]
Biografie
Jean Amery wurde am 31.10.1912 in Wien geboren, absolvierte eine Buchhändlerlehre und studierte Philosophie und Literatur. 1938 emigrierte er nach Belgien, wo er 1943 als Mitglied der Widerstandsbewegung verhaftet und ins KZ Auschwitz deportiert wurde. Nach 1945 lebte er in Brüssel als freier Schriftsteller und Rundfunk-Mitarbeiter.§Jean Amery erhielt unter anderem den Deutschen Kritikerpreis (1970), den Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (1972) und den Lessingpreis der Stadt Hamburg (1977).§Am 17. Oktober 1978 hat Jean Amery in einem Salzburger Hotel den Freitod gewählt.Anmerkungen:
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