Ines Geipel: Geipel, I: Amok-Komplex
Geipel, I: Amok-Komplex
Buch
- oder die Schule des Tötens
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- Klett-Cotta Verlag, 03/2012
- Einband: Fester Einband
- ISBN-13: 9783608946277
- Umfang: 342 Seiten
- Copyright-Jahr: 2012
- Gewicht: 550 g
- Maße: 210 x 138 mm
- Stärke: 34 mm
- Erscheinungstermin: 15.3.2012
Kurzbeschreibung
Eine brennende Zeitdiagnose über die mentalen Ursprünge dieser Form von JugendgewaltIst der Amoklauf Teil unserer westlichen Gesellschaft und was verbindet die Taten der jungen Todesschützen weltweit? Ines Geipel stellt fünf exemplarische Orte ins Zentrum ihrer vielschichtigen Recherchen - darunter auch die drei Amokläufe in Deutschland: Erfurt, Emsdetten, Winnenden.
Beschreibung
Ist der Amoklauf Teil unserer westlichen Gesellschaft und was verbindet die Taten der jungen Todesschützen weltweit? Ines Geipel stellt fünf exemplarische Orte ins Zentrum ihrer vielschichtigen Recherchen - darunter auch die drei Amokläufe in Deutschland: Erfurt, Emsdetten, Winnenden.Junge Amokschützen lernen voneinander: Die "Schule des Tötens" erstreckt sich vom australischen Port Arthur bis zum norwegischen Utoya. Die drei deutschen Tatorte Erfurt, Emsdetten und Winnenden stellt Ines Geipel in den Kontext der weltweiten Geschichte des Amok laufs und sie zeigt, wie diese neue Form der Gewalt aus der Mitte un serer befriedeten westlichen Gesellschaften herausbricht. Was treibt junge Amokläufer an? Warum sind Waffen noch immer so mühelos verfügbar? Wie schützt die Polizei, was klärt die Politik, wer ist für die Hinterbliebenen da? Unveröffentlichte Akten und Materialien, Gespräche mit Augenzeugen, Angehörigen und Experten geben tiefe Einblicke in den Amok Komplex.
Inhaltsangabe
Vorwort 7PROLOG
PORT ARTHUR, 28. APRIL 1996
Das Arsenal in der Clare
Street, Nr. 30 13
ERFURT, 26. APRIL 2002 Elster
hört!
Polizeinotrufe, Erfurt, am 26. 4.2002 57
Betreff: Kein
schneller Notzugriff 71
Der Fall nach dem Fall 114
EMSDETTEN, 20. NOVEMBER 2006 Ich bin keine
Kopie
Aus dem Textnachlass von Sebastian Bosse 167
S. A. A. R. T
174
WINNENDEN, 11. MÄRZ 2009 Kaba und
Rührkuchen
Auszüge aus den Zeugenvernehmungen zum Amoklauf in
Winnenden / Wendlingen vom 11.3.2009 223
Spur Nr. 244 236
EPILOG
INSEL UTØYA, 22. 7. 2011Auf Autopilot 299
Quellenhinweise 335
Danksagung 337
Literaturauswahl 339
Klappentext
Junge Amokschützen lernen voneinander: Die »Schule des Tötens« erstreckt sich vom australischen Port Arthur bis zum norwegischen Utoya. Die drei deutschen Tatorte Erfurt, Emsdetten und Winnenden stellt Ines Geipel in den Kontext der weltweiten Geschichte des Amoklaufs und sie zeigt, wie diese neue Form der Gewalt aus der Mitte unserer befriedeten westlichen Gesellschaften herausbricht. Was treibt junge Amokläufer an? Warum sind Waffen noch immer so mühelos verfügbar? Wie schützt die Polizei, was klärt die Politik, wer ist für die Hinterbliebenen da? Unveröffentlichte Akten und Materialien, Gespräche mit Augenzeugen, Angehörigen und Experten geben tiefe Einblicke in den AmokKomplex.Auszüge aus dem Buch
VORWORTNach dem Todeslauf von Robert Steinhäuser am 26. 4. 2002 am Erfurter
Gutenberg-Gymnasium hieß es von seiten der Politik, die Tat sei "ein Unheil, das
vom Himmel gefallen ist". Die Schockstarre schien so groß, dass es unmöglich
war, den Fall umfassend aufzuklären. Nach Erfurt aber kamen Coburg, Emsdetten,
Winnenden, Ludwigshafen, Lörrach. Mehr als 100 Menschen wurden in Deutschland
allein im vergangenen Jahrzehnt durch hochkalibrige Schusswaffen getötet. Wie
viel sind zehn Jahre im Lebenstakt einer Gesellschaft?
Die Welt ist grenzenloser, schneller, atemloser geworden. Dem Amoklauf von
Port Arthur folgten Columbine, Minnesota, Pennsylvania, Cleveland, Jokela,
Utøya, Lüttich. Amok ist zum globalen Handlungsmodell geworden, die Schule des
modernen Tötens zu einem Topsystem der Destruktion. Es giert nach maximaler
Resonanz, bei der die dramatische Szene je nach medialem Referenzsystem umgebaut
wird. Nach wie vor gehören Schulen als Tatorte dazu, aber mehr und mehr wie
Tucson und Oslo 2011 belegen auch Senatorenbüros und Regierungsgebäude. Was
sind zehn Jahre? Im Epizentrum der Tat ereignet sich unverändert das Absolutum,
der Schrecken, nur Sekunden später unendliches Leid bei den Opfern und
Angehörigen. Außerhalb des Epizentrums zeigt sich mehr und mehr Achselzucken.
Ein Amoklauf? Schon wieder? Bloß gut, dass ich weit weg gewesen bin. Die
gesellschaftliche Halbwertszeit der Trauer sinkt mit jedem Fall. Ist das die
Lösung?
Das Buch nähert sich dem Amok-Komplex über fünf Fälle. Fünf biographische
Vignetten, in denen jeweils ein anderer Fokus gewählt wird: In Port Arthur 1996
rückt das Transgenerationelle in den Blick, in Erfurt 2002 die Politik, in
Emsdetten 2006 das Täterprofil, in Winnenden 2009 die Angehörigen und das
deutsche Waffenprinzip, in Utøya 2011 die versuchte Virtualisierung und
Ideologisierung von seiten des Täters. Parallelen und Muster sind das eine,
Konkretes und Überkomplexes dieser menschlichen Katastrophen das andere. Es geht
ums Beschreibbare, um Selbst- und Fremdbilder, um seelische Verkrümmungen,
Indifferentes, Entglittenes, Psychotisches, Verstörtes. Wo sonst kreuzen sich
Wirkliches und Unmögliches so dicht wie im Töten?
Dieser Zugang legitimiert weder Gewalttätigkeit noch Brutalität. Er sagt nur,
dass es nichts bringt, Amokläufe zu anonymisierten Menetekeln zu machen. Die
Täter sind keine Monster, Dämonen oder Teufels-Killer. Sie haben mit 17 ein
Auto, eine Doppeletage im Haus der Eltern oder ein dickes Konto. Amokläufer
töten aus unserer Mitte heraus. Sie zu psychiatrisieren hieße, sie aus der
Gesellschaft zu exkulpieren. Hilft das weiter? Der kategorische Nichtumgang der
Politik mit dem offenkundigen Grauen hat die Ohnmacht nur potenziert. Was sind
zehn Jahre? Das Einrichten in Politfloskeln, einer Angstkultur und
gesellschaftlicher Abwehr, aber auch jede Menge Mordswut.
Verleugnete Instanzen arbeiten effizient. Seit Columbine beziehen sich die
Täter auf ihre dunklen Väter aus dem Internet. Das Gefangensein in der
virtuellen Welt ist eine Parallelerfahrung zur Demütigung im Realen geworden.
Dabei liegt der Unterschied auf der Hand: Amokschützen lernen schnell, und sie
lernen voneinander. Sich im Virtuellen aufzuladen und der problemlose Zugang zu
Waffen ermöglichen das Systemische, aber auch Systematische ihrer
Inszenierungen: Anders Breivik und sein Kompendium "2083" oder der parzellierte
Amok der Jenaer Todes-Troika, die im November 2011 ganz Deutschland in Bann
hielt, sind ein Beleg dafür, dass sich die Täter in ihrem VerwüstungsAkt nicht
mehr entladen. Sie sind in der Lage, ihr NegationsProgramm im Inneren zu halten
und über den Anschlag hinaus zu verlängern. Wenn alles zum schrankenlosen Spiel
erklärt ist, warum nicht auch das Töten? Auf diese Weise sind Amokläufe zu
kaltblütigen Entrees für den vermeintlichen Missions-Akt nach der Tat
Biografie
Ines Geipel, geb. 1960 in Dresden, sechs Jahre DDR-Hochleistungssport mit Zwangsdoping und Weltrekord über 4 x 100 Meter. Nach dem Germanistik-Studium in Jena 1989 Flucht nach Westdeutschland und Studium der Philosophie und Soziologie in Darmstadt. 1996 gibt sie Gedichte und Prosa von Inge Müller heraus; daneben u.a. eigene Texte (ein Roman, eine Gedichtsammlung). Heute ist sie Professorin an der Berliner Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch und Mitarbeiterin des Hannah-Arendt-Instituts.Anmerkungen:
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